berliner szenen Tauschwirtschaft

Wir blieben hart

Geldverlegenheit zehrt auf die Dauer an Nerven und Gemüt. Da hilft nur Arbeit gegen Lohn. „Der Markt für solche Leute wie Sie ist übersättigt. Sie müssen Eigeninitiative zeigen“, riet mir die Frau beim Arbeitsamt, zu der ich ging, nachdem mir mein Freund G. vorwarf, mit meiner Weigerung, mich dort zu melden, nur die Statistik schonen und damit die Regierung im Wahljahr stützen zu wollen. Und das mir: Wo ich bereits unter Schmidt arbeitslos gewesen bin!

„Eigeninitiative – was soll das heißen?“ – „Du musst das richtig interpretieren“, meinte G. abends beim Bier in der Pumpe. „Wie heißt die Regierungskampagne noch? Gemeinsam gegen Schwarzarbeit? Da ist Bedarf. Wir schlagen dem Arbeitsamt vor, gegen Prämie Schwarzarbeit in Behörden aufzudecken. Auf Honorarbasis, natürlich schwarz. Soll sich ja lohnen.“ Zwei Stunden später stand unser Angebot, G. kannte den Referenten Z. für besondere Aufgaben, ein Treffen in der Kantine – alles klar.

Zwei Wochen später hatten wir die ersten schwarzen Schafe: bei der Planungsstelle für Schwebebahnen, beim Wald- und Wiesenamt, beim Leiter für Randsportarten. Abgründe! Z. war begeistert. Wir schrieben unsere Rechnung. Z. war im Urlaub, die Kantine geschlossen, sämtliche Büros von Arbeitssuchenden blockiert, die Telefone besetzt oder die Nummern längst geändert, unsere Faxe gingen ins Leere. Doch auch wir haben Freunde. Nach drei Wochen stellten wir Z., er wollte uns kaum kennen, wand sich; wir blieben hart und drohten mit Schlägen und der taz. Zuletzt zahlte er: mit Spendenquittungen an den Förderkreis Dein Arbeitsamt e. V. „Besser als nichts“, meint G. „können wir absetzen.“ Fragt sich, wovon. Aber das Jahr ist ja noch jung.

CARSTEN WÜRMANN