EU kämpft gegen Schmuggelzigaretten

Nach Niederlage gegen US-Tabakfirmen Berufung geplant. Vorwurf: Philip Morris und RJ schmuggeln ihre eigenen Zigaretten nach Ostdeutschland. Den EU-Ländern entgehen hunderte von Millionen Steuer- und Zolleinnahmen

BERLIN taz ■ EU-Kommissarin Michaele Schreyer gibt nicht auf: Nach einer Niederlage der EU gegen die amerikanische Tabakindustrie vor einem New Yorker Bezirksgericht im Februar wird sie jetzt in die Berufung gehen.

Ende 2000 hatte die grüne Haushaltskommissarin eine Zivilklage gegen die amerikanischen Tabakkonzerne Philip Morris und RJ Reynolds eingereicht. Zehn Mitgliedsstaaten hatten die Klage mitgetragen. Darin wird den Unternehmen vorgeworfen, sie beteiligten sich am Schmuggel von Zigaretten in die EU. Laut Schreyer entgehen den europäischen Steuerzahlern dadurch Zoll- und Steuereinnahmen von jährlich mehreren hundert Millionen Euro. Schreyer: „Es geht um Schmuggel in großem Ausmaß und wir sind gewillt, gegen diesen Betrug weiterhin mit allen Mitteln vorzugehen.“ Mit der Zivilklage fordert die EU Schadensersatz für die Gelder, die dem Fiskus verloren gingen.

Die Niederlage vor dem New Yorker Gericht hatte formale Gründe. Die Klage wurde abgewiesen, weil die USA nach Ansicht der Richter nicht das Recht hätten, Steuern für andere Staaten einzutreiben. Dabei argumentierte das Bezirksgericht mit einer Regel aus dem 18. Jahrhundert. Die Richter trafen eine Unterscheidung zwischen den Ansprüchen, die aus dem Vorwurf des Schmuggelns hervorgehen, und solchen, die mit dem Vorwurf der Geldwäsche begründet werden. Der Schmuggel sei vor US-Gerichten nicht verhandelbar, so die Richter. Sie räumten der EU jedoch ein, den Geldwäschevorwurf zu präzisieren. Schreyer behält sich die Option offen, neben der Berufung auch eine separate Klage wegen Geldwäsche einzureichen.

Nach Darstellung von Schreyer gelangen die Schmuggelzigaretten über Osteuropa nach Deutschland: Die Tabakfirmen versehen die Pakete mit Papieren, die sie von Deutschland aus zum Weitertransport nach Polen, in die Ukraine oder ins Baltikum ausweisen. Wegen dieser Papiere brauchen für diese Zigaretten in Deutschland keine Einfuhrzölle gezahlt werden. Dann wird die Rauchware entweder beim Transport durch Deutschland in Wäldern oder auf verlassenen Militärflächen umgeladen oder aber aus Osteuropa reimportiert.

Seit 2000 ist der Verkauf der schwarzen Rauchware stark rückläufig, weil der Nachschub nicht mehr so fließt wie früher. Zoll und Polizei haben mehrere Schmugglerbanden gefasst. Deren Köpfe, Polen, Litauer, Deutsche und Ukrainer, wurden zu Haftstrafen verurteilt. Womöglich fürchten die Tabakfirmen auch die hohen Kosten, sollten sie zu Schadensersatz verpflichtet werden. Die Zigarettenindustrie verdient am Schmuggel. Werden die schwarzen Glimmstengel beschlagnahmt und vernichtet, dann verdient sie sogar doppelt: Am Verkauf der vernichteten Ware wie an der an ihrer Stelle gerauchten Zigarette.

MARINA MAI