berliner szenen Kekse und Käsefüße

Teestubenflair, lauschig

Immer wieder hatte man uns von einem Geheimtipp berichtet, dem hundertprozentigen Mittel gegen allgemeine Gastronomiemüdigkeit, hieß es, wenn man sie mal über hat, die chromglänzenden Cafés in der aufgeräumten Mitte unserer Stadt. Also folgten wir kürzlich ihrem Ruf und sahen sie uns einmal an, diese Tadschikische Teestube.

Nach langwierigen Irrläufen rund ums Gorki Theater entern wir das Palais am Festungsgraben 1. Hier ist es lauschig: An der komplizierten Deckenverzierung müssen sich tausend tadschikische Schnitzer die Hände blutig gearbeitet haben. Die seidenen Kissen haben es nicht verdient, dass sie seit der Eröffnung der Stube vor 28 Jahren nicht aufgeschüttelt worden sind. Was soll’s. Die Studenten, die hier ihre Hegellektüre fortsetzen, laden zum Mitlümmeln ein. Wir setzen uns. Und bestellen die russische Teezeremonie. Ein Samowar wird gebracht und eine Studentin, die hier kellnert, erklärt uns, dass man das Gebäck, das es dazu gibt, das aber kaum aus Tadschikistan stammt, mit dem Tee runterspült. Statt kandierter Früchte gibt es Orangeat, lacht sie uns an und nimmt uns den Wind aus den Segeln der Empörung: Orangeat! Als ob einem dieses Kunstzeug nicht jedes Jahr genug den Stollen versauen würde!

Wir trinken Tee. Und noch mehr Tee. Das Herz beginnt zu rasen. Der Rücken fängt an zu schmerzen, es gibt ja nichts zum Anlehnen hier. Plötzlich stechen uns die vielen Kekskrümel auf dem Boden ins Auge. Und in die Hände, mit denen wir uns in eine bequemere Position zu bringen versuchen. Komisch riecht es hier. Das sind die Füße der Gäste, die ihre Schuhe am Eingang lassen müssen. Der Tee wird und wird nicht alle. Wir sehnen uns nach einem chromglänzenden Café. Mit Designerstühlen. SM