DIE SPENDENAFFÄRE DER HESSISCHEN CDU IST AUSGESESSEN
: Temporäre Empörung

Die drei von der CDU-Geldwaschanlage müssen wohl nicht mehr vor die Schranken der Justiz. Das Landgericht in Wiesbaden lehnte es gestern ab, wegen mutmaßlicher Untreue ein Verfahren gegen den früheren hessischen Innenminister Manfred Kanther und seine beiden Helfershelfer Prinz Sayn-Wittgenstein und Horst Weyrauch zu eröffnen. Der Transfer von Konten der hessischen Union auf geheime Konten im Ausland – verjährt. Der materielle Schaden für die CDU – unerheblich. Schließlich seien die unter der Ägide von Generalsekretär Kanther Anfang der Achtzigerjahre eingerichteten Konten der CDU von Anfang an geheim und mithin der Partei nicht bekannt gewesen.

Eine abenteuerliche Konklusion – sicherlich. Aber juristisch sind die Protagonisten der Finanzaffäre offenbar nicht zu fassen. Und politisch? Nur Wolfgang Schäuble kostete die Spendenaffäre das Amt, wegen einer eher läppischen Seitenlinie im komplexen Skandal. Exkanzler Helmut Kohl verlor zwar (zunächst) seine Reputation. An IHN allerdings wagten sich noch nicht einmal die Staatsanwälte. Die Namen der Spender, die IHM ihr Geld aushändigten, bleiben geheim. Basta. Auch Kanther und Co. dürfen sich ausschweigen; jetzt mit höchstrichterlichem Segen. Die kleinen Lügen des amtierenden Ministerpräsidenten Roland Koch im Zusammenhang mit der Schwarzgeldaffäre sind ohnehin längst vergessen. Und die Hessenwahl von 1999 muss auch nicht wiederholt werden, nur weil Koch seine populistische Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft mit viel Geld aus den schwarzen Kassen des schwarzen Prinzen finanzierte. Das Bundesverfassungsgericht sah das so und der hessische Staatsgerichtshof auch. Koch triumphierte. Heute führt er bereits wieder Regie bei Theateraufführungen der Union im Bundesrat; und bei den hessischen Kommunalwahlen 2001 reichte es für die Union schon wieder zum Sieg.

Die Moral von der Geschicht’? Es gibt keine. Illusionen über das Verhalten von Politikern macht sich ohnehin kaum ein Mensch mehr. In der postmodernen Mediengesellschaft empört man sich nur temporär. Konservieren und politisch ausschlachten lässt sich diese Empörung nicht. SPD und Grüne sind in Hessen damit gescheitert. Dem Untersuchungsausschuss in Berlin wird es nicht anders ergehen. Und die Gerichte richten sich auch nur nach dem Zeitgeist, wenn kein „Paragrafenfleisch“ da ist. Aktuell ist übrigens die SPD Gegenstand der Erregung. Business as usual.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT