Russland will gesunde Hühner

Importverbot für Geflügel aus USA. Angeblich keine Antwort auf US-Stahlrestriktionen

BERLIN taz ■ Die russische Regierung bleibt in ihrer Abwehrhaltung gegen US-amerikanisches Geflügel hart: Sie bestreitet hartnäckig jeglichen Zusammenhang zwischen dem Importverbot für amerikanische Hühner und amerikanischen Zöllen. Stattdessen besteht sie darauf, dass die US-Hühner einfach unhygienisch seien. Das Verbot war in der Russischen Föderation vor zehn Tagen in Kraft getreten, nachdem Präsident George W. Bush seinerseits Importrestriktionen gegen russischen Stahl verhängt hatte.

Russland importiert bisher jährlich 1,3 Millionen Tonnen Geflügel, davon über eine Million Tonnen aus den Vereinigten Staaten. Der Verzicht auf dieses Geschäft könnte die US-Farmer 700 Millionen Dollar im Jahr kosten. Eine zwölfköpfige US-Delegation in Moskau ist fest entschlossen, nicht zu weichen, bis der Zwist beigelegt ist. In Washington heißt es, Moskaus Borniertheit in dieser Frage könne sich negativ auf Russlands Beitrittsverhandlungen zur Welthandelsorganisation auswirken. Allerdings mussten die Amerikaner vor kurzem einräumen, ihren Hühnern tatsächlich Antibiotika zu füttern, mit denen auch Menschen behandelt werden.

Nach der Ukraine und Russland hat sich Kirgisien dem Bann gegen die Bush-Beinchen angeschlossen, wie die US-Geflügelteile im postsowjetischen Volksmund heißen. Moldavien hat einen entsprechenden Erlass vorbereitet. Lachender Fünfter im Bunde ist Rumänien. Aus Bukarest verlautete, man hoffe auf eine „große Nische“ für die eigene Geflügel-Überproduktion von 60.000 Tonnen.

Auf dem russischen Markt sind die Folgen der Maßnahmen unübersehbar. Russische Hühner verteuerten sich letzte Woche von durchschnittlich 40 Rubel (1,50 Euro) auf 60 Rubel pro Stück. Die Regale mit der im Preis unveränderten US-Ware auf Märkten und in Billigladenketten werden eilig von armen Kunden leer gekauft. Kein Grund zur Panik sieht die Kommentatorin Julija Latynina von der Moscow Times. Sie erinnert an die Durchlässigkeit der russischen Grenzen und die Bestechlichkeit der Beamten: „Diese Hühnchen werden ihren Weg in russische Mägen finden, und sei es als grüne Erbsen verkleidet“.

BARBARA KERNECK