Minister kungelt mit der Bahn

Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Heyer schließt im Alleingang einen milliardenschweren Monopolvertrag mit der DB Regio, ohne Alternativen zu berücksichtigen. Das sorgt nicht nur bei der Opposition, sondern auch bei den eigenen Leuten für Ärger

aus Dresden MICHAEL BARTSCH

Wie ein SPD-Eigentor im Landtagswahlkampf mutet ein Alleingang von Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Jürgen Heyer an. Bereits am 26.Februar unterschrieb er einen langfristigen Monopolvertrag mit der Bahn-Tochter DB Regio, ohne das Kabinett zu konsultieren und Konkurrenzangebote einzuholen.

Der mehrjährige Vertrag sollte nach den Plänen des Verkehrsministeriums die jährlichen Verkehrsverträge zum öffentlichen Personennahverkehr ersetzen. Daran ist auch die Deutsche Bahn AG interessiert. „Eine Chance für Planungssicherheit auf beiden Seiten, Investitionen und verkehrspolitische Weichenstellungen“, wird Heyer zitiert. Der Vertrag über die in Länderhoheit betriebenen Regionalbahnen läuft zunächst bis zum Jahr 2007 und kann dann um fünf Jahre verlängert werden. Für diese Laufzeit hätte Sachsen-Anhalt rund zwei Milliarden Euro zu zahlen.

Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) soll „sauer“ gewesen sein, als er erst am 5.März von dem Vertrag erfuhr. Heyer will hingegen das Finanzministerium und den Ministerpräsidenten von Anfang an über die Verhandlungen unterrichtet haben. Öffentlich bekannt gegeben hat er die Unterzeichnung aber erst am Dienstag dieser Woche – mit vierwöchiger Verspätung. Der eigentlich notwendige Kabinettsbeschluss ist der Bahn AG nur als mündlicher Vorbehalt mitgeteilt worden und nicht Bestandteil des Vertrages.

Heyers Vorgehen hat in Magdeburg für Aufruhr gesorgt. Wirtschafts- und Finanzministerium gehen offenbar davon aus, dass es sich um ein vorläufiges Papier handelt, das noch nachverhandelt werden kann. Ulrich Homburg vom Bahn-Vorstand in Frankfurt/Main bestreitet diese Möglichkeit und beharrt auf dem unveränderten Vertrag. Ansonsten seien geplante Investitionen in Frage gestellt.

Die Bahn bietet die modernsten Dieselfahrzeuge Deutschlands an, will aber im Gegenzug mindestens 20 Millionen Zugkilometer zugesichert bekommen. Das Land will zwar sogar 26 Millionen Kilometer vergeben, wird aber umfangreiche Stilllegungen nicht vermeiden können. Diese wahrscheinlichen Abbestellungen machen die 6 Millionen Differenzkilometer auch für Konkurrenten nicht attraktiv.

Landesrechnungshofpräsident Horst Schröder kritisierte den Vorgang als „ungewöhnlich und außergewöhnlich“. Durch die eigenmächtigen Festlegungen sei das Budgetrecht des Landtages verletzt worden. Die CDU-Opposition nutzte die Chance zu heftiger Kritik. Verkehrspolitiker Karl-Heinz Daehre sprach von einem Skandal. Der Ausschluss jeglicher Konkurrenz sei wettbewerbsverzerrend.

Im Vertrag findet sich allerdings eine Klausel, die eine schrittweise Reduzierung des Bestellumfangs bei der DB Regio erlaubt und damit Wettbewerbsräume öffnet. CDU-Landeschef und Spitzenkandidat Wolfgang Böhmer forderte die Entlassung Heyers. Auch der mögliche Koalitionspartner PDS ist wütend über den wahrscheinlichen Ballast für die neue Regierung. „Es gehört zur politischen Hygiene, eine so weit reichende Geschichte nicht vor den Wahlen zu unterzeichnen“, sagte der Abgeordnete Wulf Gallert. Verkehrsminister Heyer selbst erwartet keine Kabinettsentscheidung mehr vor der Wahl am 21.April.