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: Krieg um Palästina

Die Bilder sagen alles: Jassir Arafat hat den Revolver griffbereit auf seinen Schreibtisch gelegt. Ariel Scharon lässt seine Panzer vor Arafats Bürotür auffahren. Die Konfrontation im Nahen Osten erreicht einen neuen Höhepunkt. Das Leiden und das Blutvergießen, das Morden und das Zerstören werden jetzt ungeahnte Ausmaße annehmen – und jede Friedenshoffnung auf absehbare Zeit zerstören. Und das Schlimmste: Beide Seiten wissen genau, was sie tun. Es war klar, dass der ebenso symbolträchtige wie blutige Selbstmordanschlag in Netanja am Vorabend des Pessach-Festes eine israelische Militäraktion geradezu herausfordern und Waffenstillstandsverhandlungen ad absurdum führen würde. Der Gewaltakt hat Scharon persönlich bloßgestellt und seine Rhetorik von „Sicherheit und Frieden“ als leere Floskeln enthüllt.

 Zudem hat der Anschlag auf palästinensischer Seite enthüllt, dass Arafat entweder nicht in der Lage oder nicht willens ist, die mörderischen Anschläge auf israelische Zivilisten zu unterbinden. Seine späte und bedingungslose Zustimmung zu Zinnis Waffenstillstandsangebot scheint ebendieses Eingeständnis nahe zu legen.

 Die israelische Strategie, den Palästinensern mit der gnadenlosen und brutalen Gewalt der Besatzer die Aussichtslosigkeit von Widerstand und eben auch von Terror vor Augen zu führen, wird nicht fruchten. Dies hat der Verlauf der Al-Aksa-Intifada nur zu deutlich unter Beweis gestellt. Aber auch die palästinensische Strategie, auf die Gewalt der Besatzung mit der Gewalt der Unterdrückten zu reagieren und damit einen Abzug der israelischen Armee wie im Libanon zu erreichen, ist aussichtslos. Die Palästinenser sind den Israelis militärisch hoffnungslos unterlegen. Und von den arabischen Staaten haben sie keine Hilfe zu erwarten. Das hat der Gipfel in Beirut in aller Deutlichkeit gezeigt.

 Dennoch: Die Besatzungsmacht ist Israel. Es wäre an Israel, den ersten Schritt zu tun und den Palästinensern die politische Vision eines eigenen Staates zuzugestehen. Und das innerhalb eines überschaubaren Zeitraums. Stattdessen hat Scharon seit Beginn der Intifada 38 neue Siedlungsposten errichten lassen und die Infrastruktur der Autonomie in Grund und Boden gebombt. Arafat weiß, dass Scharon ihn politisch wie physisch ausschalten will, und erklärt sich deshalb zum „Märtyrertum“ bereit. Deshalb steht zu befürchten, dass es in Israel und Palästina wieder zu grauenhaften Bluttaten kommen wird. GEORG BALTISSEN