S-Bahn sagt: Nazis raus

Das Unternehmen ist nicht mehr bereit, NPD-Demonstranten kostenlos in Sonderzügen zu befördern. Streit, ob Polizei oder Braune zahlen müssen

Wie in den Vorjahren will die NPD auch an diesem 1. Mai wieder in Berlin marschieren – und stößt dabei auf erheblichen Widerstand. Allen voran bei der Berliner S-Bahn, die die Braunen bislang stets mit Sonderzügen in die Stadt hinein- und hinausbefördert hatte. „Wir sind nicht mehr bereit, den kostenlosen Transport der Neonazis zu übernehmen“, stellte ein Sprecher der Deutschen Bahn, Muttergesellschaft der Berliner S-Bahn, klar. Auch auf der Straße regt sich Protest.

Bei den vergangenen NPD-Demonstrationen hatten Polizei und Veranstalter im Vorfeld immer vereinbart, dass die Rechtsextremen aus Sicherheitsgründen mit Sonderzügen der S-Bahn befördert werden. Insgesamt 16-mal ist das seit 1998 geschehen, hat der PDS-Abgeordnete Freke Over mit einer kleinen Anfrage ermittelt. Bei den ersten drei Einsätzen war die S-Bahn noch davon ausgegangen, dass die NPD-Anhänger Fahrscheine gelöst hätten. Für die Hin- und Rückfahrt zu der Demonstration gegen die Wehrmachtsaustellung am 1. Dezember 2001 forderte das Unternehmen im Nachhinein jedoch erstmals Gebühren. Rund 6.500 Euro wurden dem NPD-Landesverband mit der Begründung in Rechnung gestellt, NPD-Ordner hätten die Fahrkartenverkäufer behindert. Die Summe ist bis heute nicht beglichen worden.

„Wir haben die Züge nicht bestellt und bezahlen sie deshalb auch nicht“, erklärt NPD-Bundesgeschäftsführer Frank Schwerdt. „Wenn die Polizei sagt, sie chartert einen S-Bahn-Zug, weil der Sicherheitsaufwand geringer ist als die Anreise einzeln oder per Bus, muss sie auch die Kosten tragen“, meint Schwerdt. Das gelte auch für den kommenden 1. Mai. „Keiner wird einen Fahrschein dafür lösen, dass er in einen Sonderzug gezwungen wird“, auch wenn die Polizei in den Vorgesprächen auf entsprechende Zusagen dränge.

DB-Sprecher Burkhard Ahlert bestätigte auf Nachfrage, dass die Sonderzüge „auf Wunsch der Polizei“ eingesetzt worden seien. Die Bestellung sei mündlich und „sozusagen als Bitte um Kooperation“ erfolgt. Bislang, so Ahlert, habe sich die Bahn aus Gründen der Beförderungspflicht zur Bereitstellung der Züge verpflichtet gesehen. „Anspruch, mitgenommen zu werden, hat aber nur, wer bezahlt.“ Da die 6.500 Euro nach wie vor offen seien, werde die S-Bahn in Zukunft nur noch Bestellungen akzeptieren, „wenn die Bezahlung sichergestellt ist“. Für Freke Over ist der Fall klar: „Das ist Beförderungserschleichung durch das Land Berlin.“

Die S-Bahn weiß sich einig mit dem eigenen Betriebsrat. Der hat es gestern in einem offenen Brief an die politisch Verantwortlichen als „unerträglich“ bezeichnet, dass „die Behörden“ die S-Bahn zur Beförderung von NPD-Anhängern „verpflichten“.

PLUTONIA PLARRE