Ein hochglänzender, zweiter Start

Die „Marie Claire“, ein fast weltweites Lifestyle-Frauenmagazin, versucht noch einmal, sich in Polen zu positionieren

WARSCHAU taz ■ Moderne Polinnen greifen immer häufiger zu luxuriösen Hochglanzmagazinen. Sie interessieren sich für exklusive Mode, für das perfekte Abend-Make-up, für schicke Autos und teure Kreuzfahrten. Während weltweit in den Verlagen von Tages- und Wochenpresse das große Zähneklappern ausgebrochen ist, weil die Anzeigenerlöse sinken und sich noch immer kein Ende der Rezession abzeichnet, boomt in Polen der Markt. Marie Claire, eine in 24 Ländern erfolgreich vermarktete Frauenzeitschrift im gehobenen Lifestyle-Sektor, ist seit vier Wochen auch in Polen wieder an den Kiosken – und konkurriert nun mit den Hochglanzmagazinen Elle, Twoj Styl (Dein Stil) und Cosmopolitan.

Die Rückkehr Marie Claires hat für großes Aufsehen gesorgt, war die Zeitschrift doch vor zwei Jahren vom schweizerischen Verlag Edipress nach nur 15 Ausgaben eingestellt worden. Erst jetzt wurde bekannt, dass die damalige Begründung „zu wenig Anzeigenkunden, zu wenig Leserinnen“ eine rein taktische war. Der Verlag Edipress, in Polen auch für die führenden Frauenzeitschriften im mittleren und unteren Preissegment verantwortlich – Viva (1,20 Zloty) und Przyjaciolka (Freundin) (0,50 Zloty) – war nämlich 2001 Anzeigenkönig unter den Frauenmagazinherausgebern. Vor wenigen Wochen hat er die exklusiven Zeitschriften Pani und Uroda (Schönheit) gekauft, die bislang im „Polnischen Verlagshaus“ erschienen. Mit denen hatte der Verlag bereits geliebäugelt, als er noch (gemeinsam mit dem französischen Marie Claire-Verlag) deren Zeitschrift herausgegeben hatte. Der Haken an dieser Verbindung war allerdings, dass Edipress neben Marie Claire keine weiteren Hochpreisfrauenmagazine dazukaufen konnte.

Nach einer Zwangspause von zwei Jahren hat sich nun der französische Eigentümer von Marie Claire dazu durchgerungen, die Zeitschrift ein zweites Mal in Polen auf den Markt zu bringen – diesmal gemeinsam mit dem Verlag Hachette Filipacchi Polska, der bereits die polnische Elle und Elle Decoration mit großem Erfolg vermarktet, außerdem drei Magazine im Special-Interest-Bereich Gesundheit, Film und Mann.

Karolina Suchenek, der neuen Marie-Claire-Chefredakteurin ist klar, dass sie mit Elle eine große Konkurrenz im eigenen Verlag hat. Sie will aber nicht Elle die Leserinnen abjagen, sondern dem – mit 12 Jahren – ältesten polnischen Hochglanzmagazin Twoj Styl : „Wir möchten Leserinnen erreichen, die mehr erwarten als nur Luxus und schöne Düfte. Marie Claire ist ein luxuriöses Frauenmagazin mit gesellschaftspolitischen Engagement.“

So war in der ersten Nummer der neuen Marie Claire neben den üblichen Mode-, Kosmetik- und Gesundheitsseiten eine schockierende Bildreportage über Neugeborene abgedruckt, die in Chinas Ein-Kind-Familien-System weggeworfen werden und stundenlang auf der Straße liegen, wo Passanten unbeeindruckt an den Leichen vorübergehen. Einige Seiten weiter geht es um Ostseedelfine – die letzten ihrer Art, wenn nicht bald etwas zu ihrer Rettung getan wird. Aber auch eine Reportage über das „Vanille-Paradies“ auf Polynesien ist zu finden.

Für Aufsehen hat Anfang des Jahres nicht nur das Wiedererscheinen von Marie Claire gesorgt, sondern auch der – so wird gemunkelt – 23-Millionen-Zloty-Coup der Bauer-Konzerns, der in Polen bereits eine Reihe von Billigzeitschriften herausgibt und nun gleich drei Monatszeitschriften im Hochpreissegment gekauft hat: Twoj Styl, Votre Beaute und Filipinka. Die unerwartete Blitzübernahme dieser Zeitschriften hatte mit Bankkrediten zu tun, die dem polnischen Verlag gekündigt worden waren – mit einer Frist von sieben Tagen, um sie zurückzuzahlen.

Twoj Styl, davon gehen Marktkenner aus, wird auch im Bauer-Verlag Marktführer unter den Hochglanzmagazinen bleiben, dem mit 8 Prozent der Löwenanteil des polnischen Magazinreklamekuchens von 1.416,5 Mio Zloty (391,3 Mio Euro) zufällt. Marie Claire könnte sich an vierter Stelle hinter Elle und Cosmopolitan platzieren. GABRIELE LESSER