„achse des bösen“
: Krieg den einen, AKWs den anderen

George Bush will das eine Ende seiner „Achse des Bösen“, den Irak, mit Krieg überziehen. Das andere Ende, Nordkorea, bekommt stattdessen zwei AKWs: Der US-Präsident hat eine weitere Rate von 95 Millionen Dollar für den Bau zweier Leichtwasserreaktoren in dem rohstoffarmen Land genehmigt. Dies ist in einem 1994 ausgehandelten Abkommen vorgesehen. Darin verpflichtete sich Nordkorea, sein eigenes Atomprogramm zunächst einzufrieren und schließlich stillzulegen – im Gegenzug bauen die USA zwei Reaktoren und liefern 500.000 Tonnen Öl jährlich.

Kommentarvon BERND PICKERT

Der Fortgang dieses Projektes, an dem auch die EU, Japan und Südkorea beteiligt sind, war in den letzten Jahren ein sensibler Gradmesser für die Beziehungen zwischen Nordkorea und den USA. Dass Bush knapp zwei Monate nach seiner Klassifizierung Nordkoreas als Bestandteil der „Achse des Bösen“ in einer unspektakulären Note die nächsten Gelder freigibt, ist erstaunlich.

Erstaunlich war bereits die gesamte Idee, die zu dem Abkommen führte. Aus dem Verdacht, Nordkorea könnte mit seinem zivilen Atomprogramm auch waffenfähiges Plutonium herstellen, erwuchs keine US-Kriegsdrohung, sondern das Angebot, sich selbst um die Energieversorgung des Landes zu kümmern, unter Beachtung der Standards der Internationalen Atomenergiebehörde und freilich mit einem Auftrag von 4,5 Milliarden Dollar für westliche Atomfirmen.

Im Vergleich zu Bushs Irak- und Iranpolitik scheint die routinemäßige Freigabe der Gelder ein Sieg des Pragmatismus. Noch im Januar hatten die USA Nordkorea beschuldigt, ständig gegen den Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen zu verstoßen und internationale Inspektionen zu verweigern – Nordkorea hatte das scharf zurückgewiesen. Jetzt bestätigte Bush seinem Außenministeriun formell, dass Nordkorea allen Verpflichtungen nachgekommen ist und der Fortführung des Projekts nichts im Wege steht.

Tatsächlich ist die Freigabe der Gelder vor allem ein Zurückspielen des Balls an Nordkorea. Das Land wird im Laufe des Prozesses gezwungen sein, internationalen Inspekteuren den Zugang zu seinen – ehemaligen? – Atomanlagen zu gestatten. Bislang weiß niemand sicher, ob Nordkorea seine Programme tatsächlich gestoppt hat. Dass aber allein die Unsicherheit über diese Frage nicht dazu führt, dass Bush sich mit voller Kraft in den Konflikt mit dem dritten „Achsen“-Land stürzt, ist in diesen Zeiten ein wahrer Fortschritt.