Der Traum zerplatzt wie Seifenblasen

Nach dem 1:3 gegen den abstiegsbedrohten Karlsruher SC legt Union Berlin das Thema Aufstieg erstmal zu den Akten

Als alles vorbei war und der schöne Traum ausgeträumt, hob die Tribüne hinter dem Tor ein letztes Mal an zu ihrem Choral. „Eisern Union“ schallte es wieder und immer noch lautstark durchs Oval – und diesmal klang die Vereinshymne noch trotziger als sonst. Wenn sie schon nicht aufsteigen sollten beim 1. FC Union Berlin, dann sollte die Fußballwelt zumindest erfahren, dass sie sich davon nicht unterkriegen lassen. Nicht davon – und schon gar nicht durch nur ein verlorenes Heimspiel nach einer wunderbaren Serie von elf Partien ohne Niederlage.

So fiel auch Heiner Bertram später, in der Pressekonferenz, die bei Union immer noch in einem Zelt und auf Holzbänken stattfindet, ein in den Chor der Fans. „Ich möchte mich heute beim Trainer und der Mannschaft für die bisher gezeigten Leistungen bedanken“, sprach der Präside, was nicht nur ein Satz war, sondern viel mehr noch ein Zeichen: Ausgerechnet nach der 1:3-Heimpleite gegen den Abstiegskandidaten Karlsruher SC lobte der Präsident seinen bulgarischen Coach Georgi Wassilew und dessen Kicker, ausgerechnet am Abend, an dem die wunderbare Vision von der Bundesliga zerplatzt war wie eine Blase aus Seifenlauge, verpasste er der bisherigen Saison das Prädikat „besonders wertvoll“. „Wir sind Aufsteiger und haben als solcher hervorragende Spiele gezeigt“, stellte Bertram fest, ganz offensichtlich wild entschlossen, sich diese Gesamtleistung nicht kaputt machen zu lassen, nicht von einem verlorenem Spiel.

Georgi Wassilew, der gelobte Trainer, hatte da schon wesentlich mehr Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. Wie ein Häuflein Elend saß er da, als es darum ging, Erklärungen für die Heimniederlage und somit das Ende aller Träume zu finden. „Schwierig“ fand das der Union-Übungsleiter, weil sein Team doch ausgerechnet in dieser wichtigen Phase des Aufstiegskampfs ihr „schlechtestes Spiel in dieser Runde“ abgeliefert hatte. „Karlsruhe wollte den Sieg einfach mehr“, analysierte Wassilew weiter, was dem sportlichen Geschehen an diesem kalten Abend in der Alten Försterei ziemlich nahe kam.

Der Abstiegskandidat aus dem Badischen spielte von Beginn an munter mit, ließ sich auch nach dem 1:0 durch Ristic (30.) nicht entmutigen und ging noch bis zur Pause durch Cetin (36.) und Graf (42.) selbst mit 2:1 in Führung, wobei beide Male die Union-Defensive keine glückliche Figur abgab. Auch im zweiten Durchgang blieben die Eisernen seltsam gehemmt, vor allem aber ideenlos im Spiel nach vorne, wohin es nur lange, hohe oder schnelle, steile Bälle schaften, die meist ihre Anspielstation nicht fanden. Als Fuchs in der 50. Minute auch noch das 3:1 für die Gäste erzielte, waren Spiel und Aufstieg gelaufen.

Wer weiß, wofür es gut ist! Vielleicht tut es Union ja ganz gut, noch ein Jahr in der zweiten Liga mitzuwirken und weiter zu wachsen, aufgehoben ist ja nicht aufgeschoben, das gilt durchaus auch für Aufstiege. Und so ist es nur vernünftig, dass Trainer Wassilew nach kurzer Trauerarbeit den Kopf wieder nach oben nahm und noch am späten Freitagabend die heiße Phase der Planungen für die nächste Saison ausrief: „Es ist der richtige Moment, Entscheidungen für unsere Zukunft zu geben“, sagte Wassilew da – und auch Präsident Bertram versprach, den Verein ab sofort „intensiv auf die zweite Liga vorzubereiten“, die man ohnehin stets eher im Blick gehabt habe als die erste.

Wenigstens endgültige Planungssicherheit haben sie jetzt bei Union. Im Wesentlichen, so Bertram, soll der Kader erhalten bleiben, lediglich Chifon und Fährmann möchte der Klub aus der Wuhlheide abgeben, zudem offen ist die Zukunft von Tredup. Dafür soll Trainer Wassilew laut Präsident mit „vier bis fünf neuen Spielern“ beglückt werden, im Gespräch sind Stürmer Abdul Iyodo (22) aus Wattenscheid sowie Heiner Backhaus (20) vom Bundesligaaufsteiger Hannover fürs defensive Mittelfeld.

Zudem stehen auf Wassilews Wunschliste die Zwillinge Hamit und Halil Altintop (ebenfalls Wattenscheid). Und auch die Stadionfrage sei durch den Nichtaufstieg keineswegs vom Tisch, sondern vielmehr „unabhängig vom Tabellenplatz zu sehen“, mit den jetzigen Gegebenheiten könne man jedenfalls auch in der zweiten Liga „nicht dauerhaft überleben“, so Bertram. Für Liga eins hätte es schon gar nicht gereicht. FRANK KETTERER