Tabellenführer holt Pott

Obwohl sie eine strapaziöse Saison beinahe hinter sich haben, bieten die Spieler beim finalen Turnier um den DHB-Pokal ein Handballfest. Das Endspiel gewinnt Lemgo gegen Magdeburg mit 25:23

aus Hamburg OKE GÖTTLICH

Wie gut, dass Wände nicht sprechen können. Denn die Enttäuschung der Alsterdorfer Sporthalle hätte die Grenze des Zumutbaren für jeden Trostspender weit überschritten. 4.400 Zuschauer feierten am Wochenende in ihrem Bauch eine „Pokalendrunde der Superlative“, wie nicht nur Fynn Holpert, Manager des teilnehmenden TBV Lemgo, anzumerken wusste. Und dennoch wird die Halle künftig aussortiert und muss nach neun Jahren Gastgeberschaft in Folge stumm die Abkehr des DHB-Pokals ertragen. „Es ist ein wehmütiger Abschied“, gab auch Ligachef Heinz Jacobsen (Kiel) einerseits zu, andererseits konnte er ein vorfreudiges Funkeln in den Augen kaum verbergen angesichts der Aussicht, ab dem nächsten Jahr sämtliche Ticketwünsche von „mehr als 10.000 Stück“ erfüllen zu können. Die neue Arena im Volkspark mit ihren 16.000 Plätzen ist anvisiert und soll dem Trend folgen, Handball in den Großarenen der Republik (Kölnarena, Westfalenhalle) stattfinden zu lassen.

Doch die Erleichterung der altehrwürdigen Halle zu Alsterdorf darüber, die ballwerfenden Jammerlappen („Wir sind am Ende“, „Wir laufen auf dem Zahnfleisch“, „Unsere Mannschaft kriecht auf den Brustwarzen“ und Diverses) nicht mehr alljährlich am Ende der Saison und ihrer Kräfte in sich tragen zu müssen, wird den Verlust „dieser Festtage des Handballs“, wie Jacobsen den Pokal nennt, nicht kompensieren können. Denn selten hatte ein Funktionär mit seiner Beschreibung so Recht wie an diesem Wochenende.

Selbst Oleg Kuleschow ließ es sich trotz erneuter Verletzung im Halbfinalspiel gegen Nordhorn (34:34/5:4 nach Siebenmeterwerfen) nicht nehmen, im Finale gegen den TBV Lemgo aufzuhumpeln. Zwar beteuerte der Magdeburger Manager Bernd-Uwe Hildebrandt noch ein paar Minuten vor Finalbeginn, seinen Spielmacher nicht einsetzen zu können, („Das können wir uns hinsichtlich des Champions-League-Finales nicht erlauben“), dennoch war der Russe, ohne auf dem Spielberichtsbogen vermerkt zu sein, überraschend auf dem Parkett zu finden. Lemgo wiederum hatte sich beim halbfinalen 34:28 überraschend deutlich gegen den THW Kiel durchgesetzt, der mit dieser Niederlage auch sein Streben nach der Meisterschaft für beendet erklärte. „Am besten wäre es, wenn die Saison für uns zu Ende wäre“, sagte ein trauriger THW-Coach Noka Serdarusic.

Ihrem Benehmen nach gilt das auch für die schlechten Verlierer aus Magdeburg. Nur ein Häuflein SC-Akteure präsentierte sich bei der Siegerehrung, die anschließende Pressekonferenz verließen sowohl Trainer Alfred Gislason als auch Manager Bernd-Uwe Hildebrandt vorzeitig. Die Magdeburger Verantwortlichen zeigten sich verärgert über eine durchaus unsensible Äußerung des DHB-Präsidenten Ulrich Strombach, der in seiner Laudatio auf den Pokalsieger angekündigt hatte, Lemgo auch im Meisterschaftrennen die Daumen zu drücken.

Dabei scheinen die Lemgoer solch verbale Unterstützung gar nicht nötig zu haben. In Hamburg dominierten sie sich jedenfalls ins und durchs Finale – und hoffen nun, „über den Pokal einen weiteren Motivationsschub im Titelrennen“ zu bekommen, wie TBV-Trainer Zbigniew Tluzcynski sagte. ,,Klar haben wir jetzt mehr Selbstvertrauen, aber der zweite Titel kommt nicht automatisch“, dachte auch Rückraumspargel Volker Zerbe an die Wiederholung des Doubles von 1997.

Im Finale führte der TBV Deutschland mit seinen vielen Nationalspielern spielerisch das Niveau fort, mit dem er beim 34:28 im Halbfinale auch den THW Schweden gedemütigt hatte, alles in allem war auch das 25:23 im Finale über den Champions-League-Finalisten aus Magdeburg eine klare Angelegenheit.

Und zumindest durch den bisherigen Abonnements-Pokalsieger aus Kiel abgesegnet. THW-Manager Uwe Schwenker drückte bereits nach dem Halbfinal-Aus dem TBV die Daumen: „Fynn Holpert ist der beste Manager, den Lemgo jemals hatte, aber der einzige ohne Titel. Deshalb wünsche ich ihm endlich einen.“