Vor dem Showdown

Bankgesellschaft: Die Risikoabschirmung bleibt bis zur heutigen Abstimmung strittig. Die Opposition kritisiert die Schließungsdrohung

„Wo war denn die Bankenaufsicht in den vergangenen Jahren?“ Martin Lindner (FDP)

von STEFAN ALBERTI
und BENJAMIN DIERKS

„Ohne Gewähr“. Parlamentspräsident Walter Momper meinte den Zeitplan für die heutige Sitzung. Seine Worte beschrieben aber auch die Unsicherheit im Abgeordnetenhaus einen Tag vor der wichtigsten Entscheidung seit Jahren. Was heute unter dem Titel „Risikoabschirmung“ 21,6 Milliarden Euro schwer abgestimmt wird, war im Detail auch nach einer neuen Treffen des Vermögensausschusses noch offen. Die Opposition lehnte das Gesetz dort zwar ab. Bei neuen Zugeständnissen von SPD und PDS schloss zumindest die CDU ein „Ja“ aber nicht aus. Globalisierungsgegner von Attac lehnten mit dem SPD-Abgeordneten Hans-Georg Lorenz die Risikoabschirmung ab.

Mit frustrierten Gesichtern kamen Abgeordnete aller Fraktionen gestern aus der Ausschusssitzung. Hinter verschlossenen Türen hatten Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und der Chef des Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, Jochen Sanio, ihre Position wiederholt, es gebe zur Abschirmung keine Alternative. CDU-Haushaltsexperte Nicolas Zimmer kritisierte, das Parlament werde unter Zugzwang gesetzt. Sanio hatte mit der Schließung der Bankgesellschaft gedroht, falls das Gesetz scheitert.

Für FDP-Fraktionsschef Martin Lindler hat sich der Bankenwächter damit deutlich im Ton vergriffen. „Wo war denn die Bankenaufsicht in den vergangenen Jahren?“, konterte er. „Ein Supergau der Bankgesellschaft wäre auch ein Supergau für das Bundesaufsichtsamt.“

Finanzsenator Sarrazin hatte die Risikoabschirmung nochmals verteidigt „Wir gehen damit das geringste Risiko ein.“ Eine Pleite der Bankgesellschaft würde das Land nach den gestern genannten Zahlen mindestens 20 Milliarden kosten – etwa so viel, wie zur maximalen Absicherung der Immobilienfonds-Risiken vorgesehen ist. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) forderte Zustimmung, um „eine absolute Schieflage“ der Bankgesellschaft zu vermeiden.

Die Opposition befürchtet hingegen, dass sich nach einem „Ja“ des Abgeordnetenhauses bei der Bankgesellschaft weitere, bisher unbekannte Löcher öffnen könnten. CDU-Mann Zimmer verlangte wie andere Abgeordnete stärkere Kontrollmöglichkeiten. Bei einer zu gründenden Controllinggesellschaft sollten Vertreter aller Fraktionen im Aufsichtsrat sitzen.

CDU, FDP und Grüne wollen heute von der Regierungskoalition weitere Änderungen erwirken. Unter anderem soll im Gesetz festgeschrieben werden, wann das marode Immobiliengeschäft augegliedert wird. „Sonst bleibt es bei einem bloßen Wunsch“, sagte Zimmer. Lindner hielt es nicht für wahrscheinlich, dass sich noch eine Einigung mit SPD und PDS erzielen ließ, Zimmer hingegen zeigte sich hoffnungsvoll. Ausschusschef Bert Flemming (SPD) kündigte an, der Senat sei zu weiteren Änderungen am Gesetzentwurf bereit.

Parallel zur Sitzung meldete sich auch die Antiglobalisierungsgruppe attac zum Thema. Schließlich habe der Streit auch viel mit Deregulierung zu tun, sagte attac-Vertreter Birger Scholz. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz warnte der SPD-Abgeordnete Hans-Georg Lorenz erneut vor der Abschirmung. „Die Risikoübernahme ruiniert das Land Berlin.“ Die Folgen einer Insolvenz hingegen seien nicht so dramatisch, wie von Bankaufsichtschef Sanio behauptet. Anteilhaber könnten zwar Vermögen verlieren, hätten aber schon Gewinne durch Steuervorteile aus den Sonderfonds gemacht. Attac sprach von einem Blankoscheck für die Bank.