Kirch: Pffffffffffffft

KirchMedia AG stellt wegen milliardenschwerer Verluste Insolvenzantrag. Banken bemühen sich um Rettungskonzept. Kanzler Schröder will Stoibers Engagement bei Kirch im Wahlkampf nutzen

BERLIN taz ■ Deutschlands schillerndster Medienkonzern hat gestern seinen Bankrott erklärt. Die KirchMedia AG mit Sitz in München erklärte vor dem Konkursrichter ihre Insolvenz. Laut dem vorläufigen Geschäftsführer Wolfgang van Betteray folge unausweichlich auch der Konkurs des Bezahlsenders Premiere. Die Auswirkungen auf die Kirch-TV-Sender Sat.1, Pro 7, N 24 und Kabel 1 sind unklar. Sie sind in einer eigenen AG an der Börse notiert. Die KirchMedia hielt aber das größte Aktienpaket und hatte vielfältige Geschäftsbeziehungen zu den Sendern.

Vier große deutsche Banken präsentierten gestern Nachmittag eine Auffanglösung. Sie finanzieren den kurzfristigen Weiterbetrieb des Medienkonzerns. So sollen die profitablen Teile des Konglomerats überleben. Bei Kirch arbeiten insgesamt etwa 10.000 Menschen. Die Mehrzahl der Arbeitsplätze befindet sich in der Region München und war von der bayerischen Landesregierung heftig gefördert worden.

Nach dem Insolvenzantrag griff Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) ungewöhnlich scharf an. Schröder machte den Kanzlerkandidaten der Union mit verantwortlich für die Kirch-Pleite. Das Verhalten Stoibers zeige „nicht nur wirtschaftliche Inkompetenz, sondern auch menschliche Unanständigkeit“. Die Kreditvergabe der Bayerischen Landesbank an Kirch bezeichnete Schröder als „wirtschaftspolitisch in höchstem Maße fragwürdig“. Stoiber, der dafür mit verantwortlich sei, versuche nun jedoch jede Form der Verantwortung zu verwischen, indem er zwischen sich und seine alten Freunde „eine Feuerschneise“ schlage.

Schröder kündigte an, das Verhalten Stoibers bei der Kirch-Pleite zum Wahlkampfthema zu machen. Gleichzeitig bot der Kanzler die Hilfe der Bundesregierung an. Wenn der Insolvenzverwalter dies für nützlich halte, werde die Bundesregierung ihren Beitrag leisten. „Was bei Holzmann richtig war, ist bei 10.000 Arbeitsplätzen bei Kirch auch richtig“, so Schröder. Der Bund habe jedoch nicht die Absicht, sich direkt an einer Auffanggesellschaft zu beteiligen, betonte der Kanzler. JENS KÖNIG
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