american pie
: Detroit Red Wings auf dem Weg zum Stanley Cup

Dominator beehrt Hockeytown

Mit einem leichten Schaudern denkt der ehemalige Eishockeytorwart Ken Holland an jene Zeit zurück, als er seine Karriere in Detroit beendete. Man schrieb das Jahr 1984, und die Red Wings waren „eine der schlechtesten Mannschaften der Liga“. Niemand wäre damals auf die Idee, gekommen, die Stadt „Hockeytown“ zu nennen. Motown hieß das Etikett, bevor die Autoindustrie und damit General Motors in eine tiefe Krise geriet, sportlich bestimmten in den 80er-Jahren die Basketballer das Geschehen. Der Höhenflug der „Bad Boys“ um Isiah Thomas, Dennis Rodman, Bill Laimbeer und Joe Dumars endete mit NBA-Meistertiteln für die Pistons 1989 und 1990, dann übernahmen jedoch Michael Jordans Chicago Bulls das Zepter, und fortan sorgte nur noch Eishockey für Glückseligkeit in der sportlich wie wirtschaftlich darbenden Stadt.

„Vor fünfzehn Jahren mussten sie jedes Mal ein Auto verschenken, um Leute in die Halle zu bekommen“, erinnert sich Doug MacLean, früher Vizepräsident bei den Wings. 3.000 betrug der Zuschauerschnitt damals, inzwischen ist die Joe Louis Arena mit ihren 20.000 Plätzen seit Jahren permanent ausverkauft. „Kein Zweifel, zusammen mit Toronto haben sie die beste Hockeystadt in Nordamerika und zudem die größte Anziehungskraft bei Auswärtsspielen“, lobt MacLean.

Der Erfolgsweg kulminierte in den Jahren 1997 und 1998, als das Team zweimal den Stanley Cup gewann. Seitdem lief es aber nicht nach Wunsch. Als man letztes Jahr gar in Runde eins der Play-offs gegen Los Angeles ausschied, war Exkeeper Ken Holland, seit 1997 Generalmanager des Teams, klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Team-Besitzer Mike Ilitch griff tief in die Tasche und spendierte die beiden Torjäger Brett Hull und Luc Robitaille sowie den nahezu unüberwindlichen Keeper Dominik Hasek. Damit stiegen die Kosten für die Mannschaft auf 65 Millionen Dollar, was die höchste Gehaltssumme der NHL ist.

Die Investition zahlte sich aus. Mit großem Vorsprung sicherte sich Detroit schon vor zwei Wochen die President’s Trophy für das beste Team der Liga und damit den Heimvorteil bis zum Schluss der Play-offs. Seitdem wurde in sieben Spielen zwar nur einmal gewonnen, aber Coach Scotty Bowman schonte in dieser Zeit auch wichtige Spieler – was gegen NHL-Regeln verstößt und böses Blut bei den dadurch benachteiligten Teams verursachte.

Erster Gegner der Red Wings in den nächste Woche beginnenden Play-offs wären nach derzeitigem Stand die Vancouver Canucks. Überheblichkeit könnte dann der größte Feind eines Teams sein, das vor Stars nur so strotzt. Mit Robitaille und Hull kamen zwei Spieler aus dem Klub derjenigen Stürmer hinzu, die mehr als 500 NHL-Tore auf dem Konto haben. Eine Marke, die auch Steve Yzerman schon erreicht hat, und im März Brendan Shanahan. Für weitere Angriffspower sorgen die russischen Superstars Sergej Fedorow und Igor Larionow, in der Abwehr stehen Bollwerke wie Chris Chelios, Nicklas Lidström, Fredrik Olausson und zuletzt auch wieder Uwe Krupp. „Ich denke, wir haben einen ziemlich guten Weg gefunden, unsere neuen Leute mit den alten in Einklang zu bringen“, freut sich Bowman.

Der wichtigste Baustein könnte jedoch Dominik Hasek sein, der tschechische „Dominator“, der zuletzt beim 2:0 gegen den wohl heißesten Konkurrenten Colorado Avalanche nicht nur zum 61. Mal in der NHL ohne Gegentor blieb, sondern auch die Gelegenheit nutzte, ein Zeichen für die Play-offs zu setzen, indem er über das ganze Feld eilte, um seinen in eine Rangelei verwickelten Torwartkollegen Patrick Roy aufs Eis zu rammen.

Es könnte das Jahr von Detroit werden, wozu passt, dass sich sogar die Basketballer zurückmelden: Mit einem 105:99 gegen Atlanta haben die Pistons erstmals seit zwölf Jahren wieder die Central Division gewonnen. MATTI LIESKE