neue filme Hinter der Sonne

Brasilien/CH/F 2001, Regie: Walter Salles. Mit José Dumont, Rodrigo Santoro u.a.; 89 Min.

„Hinter der Sonne“, der neue, auf dem Filmfestival Venedig im vergangenen Jahr mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnete Film des brasilianischen Regisseurs Walter Salles, spielt im Jahr 1910. Im Februar wird der älteste Sohn der Familie, Inácio, ermordet. Schuld daran ist die Blutfehde zwischen den Breves und den Ferreiras. Eine Fehde, deren Anfang sich irgendwo in der Familiengeschichte verliert und mit einem Landstück zusammenhängt. Immer mehr Familienmitglieder rafft sie dahin. Denn jeder Tote auf der einen fordert einen Toten auf der anderen Seite. Als der Blutfleck auf dem Hemd Inácios sich im Wind gelb zu färben beginnt, fordert daher die Mutter den jüngeren Sohn Tonho auf, den Tod zu rächen. Auch der Vater insistiert darauf, und Tonho, mehr melancholisch als rachbegierig, macht sich auf den Weg. Für seinen Film hat Salles den Roman „Der zerrissene April“ des albanischen Autors Ismail Kadaré zur Vorlage gewählt. Das Drehbuch entfernt sich dabei weit von Kadarés Roman, es ist romantischer und eingängiger gestaltet. Dennoch kommt es der Essenz des Textes nahe und bezeugt so dessen Universalität. Und die Kameraarbeit von Walter Carvalho überzeugt in ihrer Sinnlichkeit, Poetik und Symbolik. Wie die Kamera das Element Luft durch Auf- und Untersichten in Szene setzt – etwa wenn sie eine Zirkusartistin am Seil zeigt, wie einen Engel vor dem Abendhimmel über dem staubigen Boden –, sucht seinesgleichen. Man sieht Dornengestrüpp in goldener Nachmittagssonne, die einfachen Wohnhäuser mit abblätterndem Putz, die völlig abgeschiedenen Felder, das schlichte Mobiliar der Zimmer mit spärlicher Kerzenbeleuchtung, die auch die Protagonisten in fahles Licht taucht. Räume mit Lehmwänden, ein Kolonialwarenladen mit spärlichem Warenangebot: All diese kargen Szenen erinnern an Stilleben. Die Stofflichkeit der Dinge wird geradezu fühlbar.

Babylon, Cinestar Sony Center, Filmkunst 66, FT am Friedrichshain, Kino in der Kulturbrauerei