Die Ölrechnung ohne den Generalstreik gemacht

Venezuela treibt den Ölpreis hoch – zusätzlich zur Krise in Nahost. Tankstellenpreise schnellen „bocksprungartig“ in die Höhe. Selbst ADAC übt Kritik

BERLIN taz ■ Der Preis für Rohöl steigt und die Tankstellenkonzerne nutzen ihn für sofortige Preiserhöhungen. Die Benzinpreise kletterten am Mittwoch um drei Cent pro Liter auf ein neues Jahreshoch. Normalbenzin kostet jetzt an den Zapfsäulen im Bundesdurchschnitt knapp 1,09 Euro, Diesel rund 88 Cent pro Liter.

Als Grund für den neuen Rekordpreis nannte eine Esso-Sprecherin in Hamburg die „bocksprungartig“ gestiegenen Rohölpreise in Rotterdam. Hintergrund sei der am Montag verkündete Ölboykott durch Irak. An der Londoner Ölbörse stieg der Preis für das Barrel Rohöl (159 Liter) der Nordsee-Referenzsorte Brent am Mittwoch um 13 US-Cent auf 26,21 Dollar (30,13 Euro). Ein ADAC-Sprecher wies die Begründung der Konzerne mit dem Hinweis zurück, die Benzinpreise seien nur zu 20 Prozent vom Rohölpreis abhängig. Mit der neuen Preisrunde wollten die Mineralölkonzerne schlicht ihre Gewinne steigern.

Der Rohölpreis ist wirklich gestiegen in den letzten Tagen. Allerdings nicht nur wegen der Krise in Nahost. Gleichzeitig fiel der Nachschub in einer völlig anderen Weltgegend aus – im Opec-Land Venezuela. Dort streiken unter anderem die Arbeiter des staatlichen Ölkonzerns PDVSA gegen neue Manager, die von Präsident Chavez in ihre Ämter eingesetzt wurden. Nach einem 24-stündigen Generalstreik am Dienstag erklärten die Wirtschaftsvereinigung Fedecamaras und der Gewerkschaftsdachverband, der Ausstand könne bis Donnerstag andauern.

Ein Streik ist für die anderen Opec-Länder schwer auszugleichen: Fahren sie ihre Produktion an den Borlöchern und Raffinerien hoch und der Streik ist wieder vorbei, herrscht plötzlich ein Überangebot. Da ist der einmonatige Lieferboykott des Irak einfacher zu handhaben. REM