vorlauf musik Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt

Mal ein Jazz-Special, und da sollte man jetzt bitte sehr nicht gleich weglesen. Weil Jazz ist ja nicht nur das Ain’t-dead-smells-funny-Ding, das so elegant im Cocktailglas schwappt, während drumherum trotzig was von der großen Freiheit der Improvisation über das Reel-Book gebrabbelt wird, bis man von der ganzen Gediegenheit eingeschläfert wird. Sondern Jazz ist auch das schöne Wort mit den zwei „z“ hintendran, wie es John Zorn mal sagte. Was noch zischt und faucht. Mehr das musikalische „Vorwärts und nicht vergessen“, das heute im Schlot (21.30 Uhr) bei Prokopätz getestet werden kann. Dem Bigbandgebläse, angeführt von Hannes Zerbe, der an Eisler/Brecht geschult und auch ein Intimus vom Jazzfreibeuter Willem Breuker ist. Was allesamt verdiente Kräfte sind, wie die vier Herren des Zentralquartetts. Konrad Bauer, Ernst-Ludwig Petrowsky, Ulrich Gumpert und Günter Sommer, zentrale Figuren im DDR-Jazz, die dort einst den Free Jazz heimisch machten und dabei im Vergleich mit der westdeutschen Verwandtschaft weit weniger Bedenken hatten, den immer vergnüglich mit Partikeln aus den klassischen Formen wie Bop und Blues bis zur Rummelplatzmusik zu mischen. Was der aktuelle Stand der Dinge ist? Nachhören am Samstag im Kulturhaus Peter Edel (21 Uhr). Und dann wägend vergleichen mit den Ergebnissen weiterer Großmeister der freien Musik: Alexander von Schlippenbach in seinem Trio mit dem Saxofonisten Evan Parker (sehr famos) und dem Schlagwerker Paul Lovens (sehr grandios), am Donnerstag im A-Trane (22 Uhr). Nach jahrelanger Zusammenarbeit ist da genug gegenseitiges Verständnis für Interaktion gewachsen, bei der man dennoch nie im voraus weiß, was passieren wird. Ruhiges Atmen. Heftige Attacken. Muss man ja gar nicht mehr Jazz zu sagen. Vielleicht einfach: Musik.

Anregungen: vorlauf@taz.deMorgen kommt der Kinderhort