Ende der Dorfmusik

Die Beatles sangen für 500 Mark pro Woche – heute vor 40 Jahren eröffnete in der Großen Freiheit 39 der „Star-Club“  ■ Von Dorit Koch

Am Abend des 13. April 1962 an der Hamburger Großen Freiheit: Noch eine Stunde, bis im Haus Nummer 39 erstmals der „Star-Club“ seine Türen öffnen soll. Drinnen wischen die Kellner noch den letzten Staub von den Tischen. Die beiden Erfinder des Clubs, Manfred Weißleder und Horst Fascher, werden immer nervöser. Fascher wagt einen ersten Blick nach draußen. „Sieht nicht so gut aus, gerade mal 40 Leute.“ Um 20 Uhr ein ganz anderes Bild: Rund 400 Leute strömen zum Konzert der vier Bands – darunter die Beatles – und erleben den ersten Abend in dem legendären Beat-Lokal.

Für das Engagement der damals noch weitgehend unbekannten Beatles, die zuvor schon in den Kiez-Lokalen „Indra“, „Kaiserkeller“ oder „Top Ten“ aufgetreten waren, war Fascher extra nach Liverpool gereist. „Die Beatles waren damals noch eine ganz normale Band, aber schon mit mehr Zuspruch als andere. Ich wusste: Für den Star-Club musst du die haben“, erinnert sich der heute 66-Jährige, der die Idee zur Gründung des Clubs hatte und das Konzept gemeinsam mit dem späteren Inhaber Weißleder umsetzte. Im Unterschied zu anderen Lokalen sollte der „Star-Club“ in jeder Nacht Live-Musik von nicht nur einer, sondern vier Bands bieten.

„Die Not hat ein Ende! Die Zeit der Dorfmusik ist vorbei!“ tönte es in schreiendem Orange von Plakaten. Zum Markenzeichen des legendären Lokals wurde seine einmalige Atmosphäre. Hautnah war das Publikum dabei, wenn berühmte Rockmusiker, aber auch noch unbekannte Bands ihre Konzerte gaben. Little Richard und Bill Haley kamen, Fats Domino war dort ebenso zu Gast wie Ray Charles. Zu den Sensationen in dem Kiez-Club gehörten auch die Everly Brothers und Jerry Lee Lewis. Deutsche Musiker bekamen ebenfalls ihre Chance: Achim Reichels Rattles hatten mehr als 600 Auftritte.

Nach den Konzerten (Eintritt: 2 Mark) tranken die Gäste mit den Musikern Bier (für 1,80 Mark) – Starallüren gab es im „Star-Club“ nicht. Vom Weltruhm noch weit entfernt waren auch die Beatles, deren Gage bei 500 Mark pro Mann und Woche lag. Ihr Publikum vermochten die „Fab Four“ aber auch schon im „Star-Club“ zu begeistern. George Harrison sagte später einmal: „Für mich ist es ganz sicher, dass wir unseren musikalischen Höhepunkt als Live-Band in Hamburg erreicht hatten.“

Weißleder vermietete den Namen „Star-Club“ in ganz Deutschland, organisierte Tourneen und verkaufte Platten. Ärger mit Behörden und sein Engagement in anderen Kiez-Läden waren jedoch der Grund dafür, dass er den Laden 1967 verpachtete. Versuche, das Lokal am Leben zu erhalten, scheiterten. Silvester 1969 war es endgültig vorbei. 1970 öffnete das Sex-Theater „Salambo“ in den Räumen des ehemaligen Star- Clubs. Seit dem 18. Februar 1983 erinnert nicht einmal mehr das Haus an die legendären Zeiten – es wurde durch ein Feuer zerstört.

Das heutige Jubiläum wird trotzdem begangen – mit einem Konzert in der „Großen Freiheit 36“. Unter den acht Bands sind auch Howie Casey's All Stars, King Size Taylor and the Dominos und Ian and the Zodiacs. Und Paul McCartney hat einen Glückwunschbrief geschickt.