Der Giftmischer des Apartheidregimes

Der „Dr. Tod“ genannte Wouter Basson sucht jetzt nach seinem Freispruch neue Wirkungsmöglichkeiten

Sein süffisantes Grinsen während seines Prozesses vor Süd–afrikas Obersten Gericht wird immer in Erinnerung bleiben. Häufig kniff er dabei noch ein Auge zu. Wouter Basson gab sich stets siegessicher in dem 30-monatigen Verfahren. Am Donnerstag trug der 51-Jährige dann, wie erwartet, den Sieg davon: Freispruch in 46 Anklagepunkten, darunter Mord, Betrug und Drogenhandel.

Der während des Verfahrens meist abwesende und eher schweigsame Mann erklärte anschließend, die Presse habe ihn grundlos als „Dr. Tod“ verdammt. Der Staat solle nicht, wie beabsichtigt, Berufung gegen das Urteil einlegen, sondern das Geld in Aidsmedikamente investieren, um Leben zu retten.

Das klingt zynisch aus seinem Munde. Basson selbst war vorgeworfen worden, 229 Menschen getötet zu haben. In den Achtzigerjahren leitete der angesehene Kardiologe, Wissenschaftler und Armeeoffizier das streng geheime „Projekt Küste“ in einem Labor nahe Pretoria. Dort soll er biologische und chemische Waffen für die weiße Minderheitenregierung entwickelt haben. Basson wies jede Schuld von sich. Er habe lediglich Befehle ausgeführt und stets im Interesse der südafrikanischen Verteidigungskräfte gehandelt.

Als Wissenschaftler suchte er Herausforderungen, sagte Basson. In James-Bond-Manier entwickelte der Mann mit Halbglatze und Vollbart in der Giftküche von Pretoria Methoden zur Tötung von Schwarzen und Feinden des Apartheidregimes. Das Arsenal reichte von anthraxverseuchten Zigaretten über vergiftete Schokolade bis zum Impfstoff, der schwarze Frauen unfruchtbar machen sollte. Zu den Opfern sollen auch 200 Kriegsgefangene der früheren namibischen Widerstandsbewegung Swapo gehören: Laut Anklage wurden ihnen krampflösende Mittel injiziert, die den Herzschlag drosselten und zum Lungenkollaps führten. Ihre entblößten Leichen wurden von einem Flugzeug aus vor Namibias Küste in den Atlantik geworfen.

Nichts sei Basson eindeutig nachzuweisen, erklärte der Richter, dem von der Staatsanwaltschaft im Verfahren Voreingenommenheit zur Last gelegt wurde. Der intelligente und scharfsinnige Arzt weist Fragen nach einem Schuldgefühl kühl zurück: „Ich bereue nichts in meiner militärischen Karriere“, sagte Basson gestern. Emotionen zeigt er nicht. Die letzten Jahre habe er nur überstanden, weil er absolutes Vertrauen in die Justiz besitze. Nach einem gerade auskurierten Herzinfarkt präsentiert er sich gelassen und mit sarkastischem Humor der Öffentlichkeit mit neuen Ideen: Er wolle ab nächste Woche wieder seine medizinische Karriere weiter verfolgen. „Ich muss jedoch abwarten, wie viele Anrufer nach meinen Kenntnissen in der chemischen und biologischen Kriegsführung fragen“, sagte er. Und da ist es wieder, dieses augenzwinkernde Lächeln.

Der Spion der Apartheidregierung, der für sie ohne Kostenbegrenzung durch die Welt reiste und von ausländischen Regierungen unterstützt wurde, bereicherte sich zudem mit einem schwunghaften Handel an Drogen, Waffen und Chemikalien. All das hat er scheinbar unbeschadet überstanden. „Ich fühle mich wie ein 16-Jähriger mit einem neuen Auto. Mir fehlt lediglich die Lizenz“, witzelt er. Sein Freispruch hat der Versöhnung in Südafrika einen Schlag versetzt. MARTINA SCHWIKOWSKI