Nachgefragt
: Gefahrenpunkt

■ Warum Bremen weiter nach „Schläfern“ rastern darf, Niedersachsen aber nicht

Anfang des Jahres wurden hunderte Daten von arabischstämmigen Personen von den Bremer Behörden an das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden gegeben. Dort wird damit weiter nach terroristischen „Schläfern“ gerastert. Der Antrag eines marrokanischen Studenten der Bremer Hochschule, die Weitergabe seiner Daten per einstweiliger Verfügung zu stoppen, scheiterte vor wenigen Wochen. Anders in Niedersachsen. Am Donnerstag hat das Verwaltungsgericht Hannover im Eilverfahren die Weitergabe der Daten zweier arabischstämmiger Studenten aus Osnabrück und Oldenburg an das BKA untersagt. Nach Erklärungen für den unterschiedlichen Ausgang der Prozesse fragte die taz den grünen Innenpolitiker Matthias Güldner.

taz : Wie kann ein Gericht in Hannover die Rasterfahndung stoppen, ein anderes sie in Bremen aber erlauben?

Matthias Güldner: Ich habe das niedersächsische Urteil noch nicht gelesen. Die Regelungen in den einzelnen Polizeigesetzen der Länder sind sehr unterschiedlich. Bei den gestoppten Rasterfahndungen in Berlin und Hessen lag es auf jedenfalls an den Passagen in Punkto „Gefahr“ in den Polizeigesetzen.

Bei welchem Gefahrenpotential darf denn Bremen losras-tern?

Das Bremer Verwaltungsgericht fand es nicht unpräzise, dass für das Einleiten der Fahndung laut Polizeigesetz nur eine „Gefahr“ nötig ist. Die Klagen in Hessen und Berlin waren erfolgreich, da die Richter die dort vorgeschriebene „gegenwärtige Gefahr“ nicht gegeben sahen. Die „gegenwärtige Gefahr“ eines Terroranschlags sei nach Aussage der Bundesregierung derzeit nicht gegeben, fanden die Richter.

Ist die Bremer Regelung im Polizeigesetz bewusst allgemeiner gefasst, um Klagen erfolgreicher zu begegnen?

Das kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall hat das Innenressort jetzt eine weit reichende, leicht anzuwendende Regelung in der Hand – dahinter lag natürlich Absicht.

Das Gesetz im Hessen von Roland Koch gibt der Polizei weniger Vollmachten als im liberalen Bremen?

Die große Koalition zieht in Sachen Sicherheit einfach an einem Strang – mit liberal hat das schon lange nichts mehr zu tun. Auch, dass es im Land Bremen keine Einschaltung eines Richters fürs Rastern gibt – wie zum Beispiel in Schleswig-Holstein – ist nicht gerade liberal.

Wollen Sie weiter gegen die Rasterfahndung vorgehen?

Natürlich werde ich nach dem Abschlussbericht fragen. Der könnte der Bürgerschaft noch vor der Sommerpause vorliegen. In Bremen wird die Rasterfahndung nicht an den Gerichten scheitern, sondern daran, dass sie vermutlich nichts Positives bringt. Also keine „Ergebnisse“, dafür aber eine starke Verunsicherung der arabischstämmigen Menschen im Land. Fragen: ksc