Nahost-Demos weitgehend friedlich

Rund 25.000 Menschen äußerten auf Demos ihre jeweiligen Solidaritäten im Nahostkonflikt: Viele waren pro Palästina, deutlich weniger für Israel. Um das auf beiden Veranstaltungen getragene Transparent „Schalom not Scharon“ gab es Streit

von UWE RADA

Ein ungleiches Bild zeigte sich auf den Demos, die am Wochenende die kriegerischen Auseinandersetzungen in Israel und Westjordanland thematisierten. Rund 25.000 Menschen versammelten sich am Samstag in mehreren Städten, um gegen die israelische Militäroffensive in den palästinensischen Autonomiegebieten zu protestieren. In Berlin folgten laut Polizei etwa 10.000 Menschen einem Aufruf des „Bündnisses Pro Palästina“, in Frankfurt waren es 7.000, in Düsseldorf protestierten rund 5.000 Menschen.

Zu der Berliner Demonstration gegen Antisemitismus und für Israel kamen gestern Nachmittag hingegen nur rund 1.500 Menschen. Die Demonstration enthielt sich weitgehend einer offenen Parteinahme für die harte militärische Politik von Israels Regierungschef Ariel Scharon. Moshe Waks von der Berliner Jüdischen Gemeinde nannte es beruhigend, dass die Versammlung stattfinden könne. Denn es sei „keine Selbstverständlichkeit“, dass sich junge Deutsche gegen Antisemitismus einsetzten.

Waks kritisierte die Berichterstattung in den Medien und einige Politiker wie Norbert Blüm (CDU) und Jürgen Möllemann (FDP), die wenig Sensibilität für Israel gezeigt hätten. Waks sagte, „bevor die EU-Staaten in den Nahen Osten gehen, sollen sie dafür sorgen, dass in Frankreich die Synagogen geschützt werden“. Die Veranstalter der Pro-Israel-Demonstration, einer nichtjüdischen Studentengruppe, wandten sich gegen die propalästinensische Veranstaltung vom Samstag. Dort seien nicht nur Palästinenser unter Hamas-Fahnen und mit nachgebauten Sprengstoffattrappen marschiert, „sondern auch die jämmerlichen Reste der antizionistischen Linken, die 1989 überlebt haben“.

Zu kleineren Ausschreitungen kam es bei den propalästinensischen Demonstranten am Samstag in Berlin. Im Vorfeld war befürchtet worden, dass es zu Auseinandersetzungen mit einer Gegendemo kommen werde. Als der Demonstrationszug der Palästinenser am Berliner Dom ankam, hatten hundert Meter entfernt etwa 200 proisraelische Demonstranten Spruchbänder an einer Brücke über der Spree befestigt. Auf ihnen war zu lesen „Gegen antisemitischen Terror und seine SympathisantInnen“ oder „Nieder mit Deutschland. Lang lebe Israel“.

Als palästinensische Jugendliche versuchten, die Polizeiketten zu durchbrechen, schien es einige Zeit, als würde die Situation tatsächlich eskalieren. Doch der Polizei wie auch den zahlreichen Demonstrationsordnern gelang es schließlich, die Jugendlichen abzudrängen. Zu einem weiteren Zwischenfall kam es, als einige Zeit später Steine und Flaschen auf die Britische Botschaft geworfen wurden.

Insgesamt jedoch hatte auf der Samtagsdemonstration eine eher zurückhaltende Stimmung geherrscht. Bereits am Alexanderplatz überwogen gemäßigte Parolen und Transparante. Die Umsetzung der UN-Resolutionen wurden da gefordert oder ein „säkularer Staat Palästina“. Im Gegensatz zum Ostermarsch vor zwei Wochen waren diesmal vor allem zahlreiche PLO-Anhänger, darunter auch der Generalvertreter der PLO in Deutschland, Abdallah Frangi, gekommen. Der religiöse Block war in der Minderheit.

Im vorderen Teil der Demonstration versuchte unterdessen auf dem Lautsprecherwagen ein Einpeitscher sein Glück. Im Sprechgesang und HipHop-Sound versuchte er vor allem die Jugendlichen mitzureißen. „PLO, Israel no, Intifada bis zum Sieg, Palästina, Palästina“, rief er immer wieder und mahnte, dass die deutsche Öffentlichkeit und die Bundesregierung die Forderungen der Palästinenser laut und deutlich vernehmen müsse. Doch der Funke wollte nicht recht überspringen.

Frauen einer Erlanger „Initiative für Frieden in Israel und Palästina“ wollten auf beiden Protestmärschen mitgehen. Am Samstag konnten sie ihre Transparente „Schalom not Sharon“ unbehelligt zeigen. Bei der Pro-Israel-Demo gestern wurden sie von Ordnern abgedrängt. Ihr Spruchband sei anti-israelisch, hieß es.