Aus Unfall wird Anschlag

Deutsche Behörden gehen bei der Explosion an der Synagoge auf Djerba von einem Attentat aus.Zahl der Opfer erhöht sich auf 16. Drei weitere Deutsche erliegen schweren Brandverletzungen

BERLIN/DJERBA dpa/taz ■ Die bei der schweren Explosion auf der tunesischen Insel Djerba getöteten deutschen Touristen sind vermutlich doch Opfer eines Anschlags geworden. Nach den Worten von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) „verdichtet sich der Verdacht, dass es sich um ein Attentat gehandelt hat“.

Die Zahl der umgekommenen Deutschen hat sich unterdessen auf elf erhöht. Zwei Frauen und ein 18 Monate alter Junge erlagen ihren schweren Brandverletzungen. Die Schwerverletzten waren am Samstag mit einem Ambulanzflugzeug der Bundeswehr nach Deutschland gebracht worden. Bei der ungeklärten Explosion an der Synagoge von Djerba starben zudem vier Tunesier und ein Franzose.

Bundeskanzler Schröder verlangte gestern eine umfassende und schnelle Aufklärung der Geschehnisse vor der Synagoge La Ghriba. Noch immer sei nicht ganz klar, ob es sich um ein Unglück oder einen Anschlag handele. Schily sagte am Samstagabend, die neuesten Erkenntnisse stammten sowohl aus tunesischen Quellen als auch vom BKA. „Von beiden Seiten sieht die Lage so aus, dass eher die Tendenz besteht, zu sagen, es war ein Attentat.“

Die Aufklärung kam offenbar erst auf Drängen der Bundesregierung voran. „Der tunesische Präsident hat gestern im Gespräch mit dem deutschen Botschafter eine noch intensivere Zusammenarbeit zugesagt“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Das Gespräch sei ein wichtiger Faktor dafür gewesen, dass man jetzt davon ausgehen könne, dass es sich um ein Attentat handelt. Wegen der Bilder über die rasche Säuberung des Tatorts hatten sich deutsche Beobachter irritiert über die tunesische Polizeiarbeit gezeigt. Inzwischen sind BKA-Beamte auf Djerba eingetroffen.

Die tunesische Seite blieb bei ihrer Version, dass es ein Unglück war. Dort stößt die offizielle Version allerdings auf Unglauben in der Bevölkerung. Kritik wagt man aber nicht zu verbreiten, da der diktatorisch regierende Präsident Ben Ali das 9-Millionen-Einwohner-Land mit etwa 120.000 Polizisten überzogen hat. In Tunesien befürchten Offizielle für den Fall, dass es ein Anschlag war, stark sinkende Touristenzahlen. KLH

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