Generalstreik in ganz Italien

Die Gewerkschaften wollen Ministerpräsident Berlusconi zu Zugeständnissen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zwingen. Doch der stellt sich vorerst weiter stur

ROM taz ■ Mit einem für heute ausgerufenen landesweiten Generalstreik von acht Stunden wollen Italiens Gewerkschaften die Regierung Berlusconi zum Einlenken im Streit um die Arbeitsmarkt- und die Sozialpolitik zwingen. „Italien zum Stillstand bringen“ ist die Parole, die Sergio Cofferati, Chef der linken CGIL – des größten Gewerkschaftsbundes –, für den ersten ganztägigen Generalstreik seit 20 Jahren ausgegeben hat. Industrie, Dienstleistungen, Banken, Post, Gesundheitswesen, Schulen, Bahnen und Flughäfen sollen – abgesehen von lebensnotwendigen Notdiensten – komplett zum Erliegen gebracht werden.

Am Gelingen des Streiks gab es schon im Vorfeld kaum Zweifel. Schon die von der CGIL im Alleingang organisierte Kundgebung vom 23. März, zu der zwei bis drei Millionen Menschen nach Rom geströmt waren, hatte gezeigt, wie populär der Protest vor allem gegen die von Berlusconi angestrebte Aufweichung des Kündigungsschutzes ist. Auch unter dem Eindruck dieser Kundgebung hatten sich sämtliche anderen Gewerkschaftsorganisationen des Landes schließlich dem Aufruf zum Generalstreik angeschlossen: nicht nur die beiden anderen großen Bünde, die katholische CISL und die gemäßigte UIL, sondern auch die am äußersten linken Rand stehenden Basisgewerkschaften genauso wie die der postfaschistischen Regierungspartei Alleanza Nazionale nahe stehende stramm rechte UGL.

Voller Optimismus hatte deshalb Sergio Cofferati schon in den Vortagen verkündet, nach dem Generalstreik werde „vieles anders sein in Italien“; die Regierung werde um einen Rückzug beim Kündigungsschutz genauso wie bei ihren Rentenplänen nicht umhin kommen. Und erste Absetzbewegungen in der Koalition sind schon zu verzeichnen; Landwirtschaftsminister Gianni Alemanno (Alleanza Nazionale) erklärte, der Protest sei zwar „falsch“, aber man müsse ihm trotzdem „Rechnung tragen“.

Hart zeigt sich dagegen weiterhin Ministerpräsident Berlusconi. Vor dem passenden Forum – einer Tagung des Unternehmerverbandes Confindustria – unterstrich er zwar am Samstag erneut seine Verhandlungsbereitschaft, machte aber zugleich deutlich, dass es faktisch nichts zu verhandeln gibt. Die Regierung jedenfalls werde unbeeindruckt von Protesten auf dem Weg der Reformen voranschreiten. Offenbar zielt Berlusconi weiterhin auf eine erneute Spaltung der gewerkschaftlichen Front nach dem Generalstreik und auf die Isolierung der CGIL. Ein prominentes Vorbild für den Umgang mit den Gewerkschaften wusste er jedenfalls zu nennen: Auch Margret Thatcher habe den Widerstand der Unions brechen müssen, um ihr „Programm der Modernisierung“ zu realisieren. MICHAEL BRAUN