Einzige Lösung ist Hilfe von außen

Israels Nachbarn, die EU und die USA nehmen Scharons Vorschlag einer Konferenz ohne Arafat nicht ernst

JERUSALEM taz ■ Das sonntägliche Treffen zwischen US-Außenminister Powell und Palästinenserchef Arafat in dessen von Israelis belagerten Amtssitz in Ramallah enthält eine deutliche Botschaft: Die USA anerkennen Arafat und seine Behörde weiter als legitimen Dialogpartner. Und das trotz israelischer Versuche, ihn für „irrelevant“ zu erklären und ihn zu isolieren, trotz Scharons Hinweis, der Powell-Besuch bei Arafat sei ein „tragischer Fehler“, trotz George Bushs Aversion gegen den kleinen Mann mit dem Stoppelbart, der so schlechtes Englisch spricht und sich so undiplomatisch, „unwestlich“ aufführt.

Die „Bombe“, die Scharon am Sonntagabend in Tel Aviv platzen ließ – der Vorschlag einer Regionalkonferenz unter US-Vorsitz und unter Beteiligung Israels, Ägyptens, Jordaniens, Saudi-Arabiens, möglicherweise Syriens und des Libanon sowie „moderater Palästinenser“, nicht aber Arafats –, war deshalb vor allem auf israelischen Beifall ausgerichtet. Der kam denn auch prompt. Der Vorschlag beweise, dass Scharon nicht nur ein Kämpfer sei, sondern auch einen politischen Horizont besitze, befanden Kommentatoren am Montag. Scharon genießt in Umfragen derzeit 75 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung.

Jordanien und Ägypten nannten das Kind denn auch gleich beim Namen: Solch eine Konferenz, wie positiv immer, würde gar nicht erst stattfinden, wenn Israel bestimmen könnte, welche Palästinenser die Autonomie vertreten sollen. Mehr denn je ist Arafat zum Symbol des Palästinensertums geworden, seit er von den Israelis belagert und gedemütigt wird. Die ersten positiven Reaktionen aus Washington sind vorsichtig. Die USA werden als Konferenzort angeboten, eine Sechs-Wochen-Frist zur Vorbereitung wird für möglich gehalten, doch deuten weitere US-Vorschläge darauf hin, dass andere Entwicklungen einer Konferenz vorangehen müssen.

Keine Alternative zu Arafat

Nach Informationen des Wochenmagazins Time rechnet die US-Regierung mit rascher Gründung eines palästinensischen Staates, den sie umgehend anzuerkennen gedenkt. Sie setzt dabei auf Israels Bereitschaft zum Rückzug aus dem Gaza-Streifen und allen dortigen Siedlungen, will US-Inspektoren in die Region entsenden und die zerstörte Infrastruktur wieder aufbauen.

Kein Wunder, dass palästinensische Kreise Scharons Idee einer Regionalkonferenz nicht ernst nehmen, unabhängig vom Affront gegen Arafat. Solange Israel die autonomen Gebiete besetzt, keinen Zeitplan für einen Rückzug vorlegt und US-Aufforderungen die Stirn bietet, gilt der Vorschlag nur als Propagandatrick nach innen und außen, als Mittel, Zeit herauszuschinden. Dies wird durch Scharons ultimatives Verlangen nach Auslieferung der Mörder von Tourismusminister Rechavam Seevi bekräftigt – eine Forderung, die nie erfüllt werden wird. Israels Hoffnung, Alternativen zu Arafat zu finden, ist zudem unrealistisch. Obwohl es solche geben mag, würde keiner wagen, sich als Ersatz für das nationale Symbol anzubieten. „Scharon weiß, dass solch eine Konferenz nie stattfinden wird“, analysierte der israelische Oppositionsführer Jossi Sarid sarkastisch. „Eine Mehrheit von Teilnehmern an solch einer Konferenz würde es vermutlich vorziehen, wenn Scharon davon ausgeschlossen würde.“

Europa, den USA und den Staaten der Region geht es vorrangig um einen möglichst sofortigen Waffenstillstand. Der Palästinenserführer hat nur noch wenig Sicherheitskräfte zur Verfügung, die eine Waffenruhe kontrollieren könnten. Die Autonomieverwaltung ist durch die „Operation Schutzwall“ fast bis zur völligen Funktionsunfähigkeit geschwächt. Die Notwendigkeit internationaler Kräfte liegt deshalb in der Luft.

UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat eine internationale Einsatztruppe vorgeschlagen, die Israelis und Palästinenser trennt. Auch der Fischer-Plan enthält solch eine Idee. Selbst so macher Israeli träumt von Hilfe von außen, um die Gewalt zu stoppen. Der Haaretz-Journalist Gideon Levy ergriff in einem Artikel unter dem Titel „Nato jetzt“ für sie das Wort: „Israel braucht den Schutz der Welt – gegen sich selbst und jene, die dem Land schaden wollen“, schrieb er. Der Unterschied zwischen dem Balkan und Palästina sei nicht mehr sehr groß. Europäer an Straßensperren seien vermutlich nicht weniger effektiv als Israelis in der Verhinderung von Terror, jedoch höflicher gegenüber der palästinensischen Zivilbevölkerung. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein dänischer Soldat eine schwangere Palästinenserin auf dem Weg ins Krankenhaus behindert – und wenn ja, wird wenigstens nicht Israel dafür getadelt.“ Hilfe von außen ist zwingend: für den Wiederaufbau und die Rehabilitierung der Palästinenserbehörde. Man wird Monate brauchen, um die Palästinenser aus den Ruinen zu ziehen und ihnen eine international garantierte Zukunft in Unabhängigkeit zu bieten. ANNE PONGER