Von Bollywood zum Multikulti

■ Hochzeitsessen in verdaulichen Häppchen: Mira Nairs „Monsoon Wedding“

„Oh, shit“, sind die ersten Worte der Braut, als sie ihren zukünftigen Mann aus dem Auto steigen sieht. Es ist das erste Mal, dass sie ihn erblickt, und morgen soll ihre Hochzeit sein. Der Bräutigam wurde eilends aus Amerika ins heiße Neu Dehli eingeflogen, gut aussehend ist er und sympathisch obendrein. Weitere Gäste trudeln ein, die Mama prüft nochmal den Sitz ihres Bustiers, und Papa schenkt die Gläser immer wieder voll.

Schnelle Schnitte und eine gewohnt wackelige Handkamera spiegeln in Monsoon Wedding die Hektik temporeich wider. Die Braut spricht erste karge Sätze mit ihrem Zukünftigen, Oma schwatzt auf Punjabi und die Jugend prahlt mit ihrem australischen Akzent: Neues und altes Indien treffen hier auffällig aufeinander. Jedoch, es ist nur ein Puffern auf weichen Wohlstands-Kissen. Alles ist so bunt und federleicht wie der Garten, der allmählich in einem Meer von knallorangen Ringelblumen zu versinken droht.

Obwohl im fernen Indien, findet sich der westliche Betrachter in der überspannten Hochzeitsgesellschaft schnell zurecht: Von bunten Saris, satt-sonnigen Farben und filigraner Henna-Bemalung einmal abgesehen, verläuft alles so wie hierzulande auch. Regisseurin Mira Nair versteht es, Indien für den Westen leicht konsumierbar zu machen.

Das Verbindliche und alles Verbindene ist das Herz, das einem gleich mehrmals weit aufgehen soll: Erzwungene Liebe wird bei erstem Kuss und Streichmusik zu wahrer Leidenschaft – wie gewohnt in Bollywood. Tugend des Herzens beweist der Vater, als er den entlarvten pädophilen Onkel des Hauses verweist – Vinterbergs Fest lässt grüßen. Und der Blumen kauende Partymanager erobert das Hausmädchen mit einem üppigen Blumenherz.

Klingelnde Handys und grelle Versace-Schühchen werden ironisch als klotzige Statussymbole des Westens zelebriert. Der Partymanager hat die Zeichen der Zeit verstanden und begriffen, dass es wichtiger ist, geschäftig auszusehen, als es tatsächlich zu sein. So treffend karikiert wird aber nur selten. Man will ja nicht zu böse werden, also zurück zu den Herzensgeschichten.

Mag sein, dass die Referenzen an Bollywood eine manierierte Liebeserklärung ans Heimatland der Regisseurin darstellen, überzeugen können sie nicht. Vielmehr tragen sie bei zu einem Multikulti-Patch-work aus Moderne und Tradition, aus Independent- und Mainstream-Kino, das westlicher ist, als es zunächst scheint und in seiner Belanglosigkeit langweilt.

Anke Eickhoff

Preview (hindisches OmU): heute, 20 Uhr, Zeise; danach lädt das Monsun Café zum indischen Fest mit „Blüten, Blättern und original indischen Dancefloor-Hits und Mandy-Handbemalung“ (Ankündigung) und als Krönchen fürs Kosmopolitinchen werden bioe-nergetische Aroma-Massagen verlost; der Film startet morgen