Notwehr gegen Skins?

■ Messerstecherei beim G-Move bekommt vor Gericht jetzt eine neue Dimension

Totschlag oder Notwehr? Diese Frage muss die Große Strafkammer 1 des Hamburger Landgerichts zurzeit klären. Seit gestern steht Ahmet Ö. (25) wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Es soll beim „Generation-Move“ am 2. Juni vorigen Jahres den 35-jährigen Dirk S. mit vier Messerstichen getötet haben.

Medial schien der Fall damals klar: Eine türkische und eine deutsche Clique bekommen sich wegen eines illegalen Bierstands vorm Michel bei der Musikparade in die Haare. Ein Messer wird gezückt, Ö. sticht S. nieder und wird nach Verfolgung durch einen Zivilpolizisten in seiner Wohnung nur eine Stunde später festgenommen.

Doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich eine andere Dimension. Die in „Pitbull“-T-Shirts gekleidete Clique von Dirk S. heißt „German Trouble Makers“, eine brutale Hooligan-Truppe, die durch rassistische Gewalt bei Fußballspielen auffällt. Auch beim Techno-Treck gehen mehrere Gewaltattacken von ihnen gegen Ausländer aus, die auch Ahmet Ö. mitbekommt. Als Dirk S. – ein großer bulliger kahl geschorener Skin – zum wiederholten Male einen Menschen zusammengeprügelt hat und auf dem Rückweg zum Bierstand „Scheiß-Kanacken“ brüllt, platzt Ahmet Ö. der Geduldsfaden. Er geht dazwischen.

Dabei habe er „spielerisch in drohender Weise“ ein Butterfly-Messer in der Hand gehabt, sagt Polizist Dirk O. aus, der privat zufällig den Vorfall beobachtet. Sofort fliegen Flaschen und Becher aus der Gruppe der „kahlen Köpfe“, die in Ö.s Richtung stürzt, so dass dieser zurückweichen musste. Dabei sei er zu Boden gegangen, so die Aussage des Polizisten. Im Handgemenge habe Ö. „wahllos mit dem Messer um sich gestochen“.

Ein weiterer damals privat anwesender Beamter hat sogar gesehen, dass die Angreifer Stangen und „abgebrochene Bierflaschenhälse“ in den Händen hatten, als sie Ö. stellten: „Der kam da nicht mehr weg.“ Der Zeuge Olaf O. ergänzt, die Angreifer „standen über ihm und dann hat er sich freigestochen“.

Der Prozess wird Donnerstag fortgesetzt. Kai von Appen