Alojz Peterle ist in Brüssel angekommen

Vor elf Jahren wurde der EU-Antrag Sloweniens brüsk zurückgewiesen, jetzt sitzt der damalige Ministerpräsident im Konventspräsidium

BRÜSSEL taz ■ Für Alojz Peterle muss es ein erhebender Moment gewesen sein: In der Stadt, die ihm einst die kalte Schulter zeigte, rückte er am Montag als erster Vertreter eines Kandidatenlandes in ein offizielles EU-Gremium auf. Peterle wurde zum 13. Mitglied im Präsidium des Konvents bestellt.

Vor elf Jahren hätte er davon nicht zu träumen gewagt. Als frisch gebackener Ministerpräsident der eben ausgerufenen Teilrepublik Slowenien hatte er damals die EU-Kommission besucht, um das Interesse seines Landes an einer EU-Mitgliedschaft zum Ausdruck zu bringen. Der für die Mittelmeerstaaten zuständige Kommissar, Abel Matutes, habe „kühl auf dieses Anliegen reagiert“, berichteten die Nachrichtenagenturen im Februar 1991. Matutes habe Peterle daran erinnert, „dass die Europäische Gemeinschaft den Erhalt der territorialen Integrität Jugoslawiens wünscht“.

Peterles Ernennung ist gleich in zweierlei Hinsicht bedeutsam: Sie zeigt, dass sich die Konventsmitglieder aus den Kandidatenländern größeres Gewicht verschaffen können, wenn sie einheitlich auftreten. Und sie macht deutlich, dass die Laekener Erklärung, in der die fünfzehn Staats- und Regierungschefs der bestehenden EU die Rahmenbedingungen für den Konvent festlegten, keine Bibel ist. Beim Gipfel in Laeken war das Gremium, das durch die Tagungsregie eine Schlüsselrolle bei der Meinungsbildung spielt, auf zwölf Mitglieder beschränkt worden.

Offiziell ist Peterle nur als beobachtender Gast und Mitglied zweiter Klasse in Giscard d’Estaings engstem Stab aufgerückt. Doch gestern sagte er sichtlich vergnügt, bereits beim ersten Zusammentreffen mit seinen neuen Kollegen habe er sich nicht wie ein Anhängsel gefühlt. Er könne Vorschläge einbringen und werde von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen: „Uns Kandidatenländern fehlt die Erfahrung mit dem EU-Tagesgeschäft. Andererseits haben wir den unverstellten Blick von Außenseitern – das könnte eine interessante Dynamik erzeugen.“

Peterles politische Karriere ist eng mit dem Weg Sloweniens in die EU verknüpft. Nach einem Zehn-Tage-Krieg im Sommer 1991 löste sich die Teilrepublik ganz vom jugoslawischen Bundesstaat. Nach dem Vatikan war Deutschland das zweite Land, das Slowenien politisch anerkannte. Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher machte sich besonders dafür stark und handelte sich damit bei seinen EU-Kollegen scharfe Kritik ein. Die hofften damals noch, Jugoslawien in seinen alten Grenzen erhalten zu können.

Als Vorsitzender der christdemokratischen Partei gehörte Peterle seither mehreren Regierungen in wechselnden Funktionen an. 1994 stolperte er über einen Streit mit der italienischen Regierung, die Rückerwerbsmöglichkeiten für 1945 aus Slowenien vertriebene Italiener gefordert hatte. Da das Kabinett die Bereitschaft Peterles, den Wünschen Italiens entgegenzukommen, ablehnte, gab er sein Amt als Außenminister auf.

Der Streit ähnelte den aktuellen deutsch-tschechischen Auseinandersetzungen um die Beneš-Dekrete und führte dazu, dass Italien ein Assoziierungsabkommen der EU mit Slowenien monatelang blockierte. Inzwischen jedoch gehört Slowenien zu den Kandidaten, die als Erstes der EU beitreten werden.

DANIELA WEINGÄRTNER