Niederländische Regierung tritt zurück

Anlass ist vor allem das Versagen der eigenen Politik im Zusammenhang mit dem Massaker von Srebrenica

DEN HAAG afp/taz ■ Die niederländische Regierung ist am Dienstag wegen der umstrittenen Rolle holländischer Blauhelm-Soldaten bei dem Massaker im bosnischen Srebrenica 1995 zurückgetreten. Der Rücktritt dürfte allerdings keine größeren politischen Folgen haben, da die Niederländer am 15. Mai ohnehin ein neues Parlament wählen. Wim Kok, Chef einer Mitte-links-Koalition, will nicht noch mal antreten.

Die ursprünglich erst für Freitag angesetzte Kabinettsberatung war vorgezogen worden, nachdem es bereits Gerüchte über einen Rücktritt der Minister für Verteidigung und für Umwelt, Frank de Grave und Jan Pronk, gegeben hatte. Sie warfen der Regierung allgemeines politisches Versagen vor. Das Kabinett befasste sich in seiner Krisensitzung mit einem Bericht, den das Institut für Kriegsdokumentation veröffentlicht hatte. Im Juli 1995 hatten bosnisch-serbische Soldaten die UN-Schutzzone um Srebrenica eingenommen und dabei vermutlich rund 7.400 Muslime umgebracht. Von dem vorzeitigen Rücktritt der Regierung könnte nicht zuletzt der Rechtspopulist Pim Fortuyn profitieren. Er war im März der strahlende Sieger der Kommunalwahl in Rotterdam. Mit seiner landesweiten „Lijst Pim Fortuyn“ könnte der Newcomer nach den Wahlen am 15. Mai auf Anhieb auf 16 Sitze im niederländischen Parlament kommen.

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