Werk eines Zweiflers

■ Schluss mit dem Spaß: Soul-Songwriter Jan Gazarra in der Tanzhalle

„Music can make you feel good in every way, music can make you feel blue.“ Mit diesen Zeilen auf seinem gerade bei Ladomat erschienen Debütalbum bringt Jan Gazarra ganz nebenbei die Magie von Musik auf den Punkt. Erstaunlich ist, dass sich auf seiner Platte I've Come To See You Once Again dieses scheinbare Paradoxon auflöst: Es klingen bei ihm nämlich in jedem Stück gleichzeitig Melancholie, ja, Depression, und jugendlicher Trotz und Lebensfreude an. Das macht das Hören nicht eben einfach. Denn je nachdem wo – und vor allem in was für einer Verfassung – man Gazarras Liedern begegnet, kann das schnell mal nach hinten los gehen.

Dann ist Schluss mit dem Spaß an großstädtischer Indie-Disko-Boheme oder gemütlichen Wohnzimmermusik-Abenden. Statt dessen überkommt einen die ganze Last dieses Lebens zwischen Club, verzweifelten Beziehungen, post-optimistischem Hoffen und allgemeiner Ratlosigkeit. Auch das „Poplife“ – Gazarra interpretiert den Prince-Klassiker wunderbar schnodderig – bekommt da plötzlich einen schalen Geschmack. Vielleicht ist deswegen noch nicht so richtig etwas geworden aus Gazarras Popstar-Karriere, scheinen neben den Schwierigkeiten, die das Musikmachen mit sich bringt, und den harten Regeln des Musikgeschäfts, doch gerade die vermeintlichen Sonnenseiten dieses beschwerlichen Weges mehr als fraglich: „What's the matter with your life? Did that party bring you down?“

Gazarras Platte lässt sich somit auch als Werk eines Zweiflers verstehen und besitzt dadurch eine gewisse Sprengkraft. So müsste auf dem Cover, wie auf Rap-Platten, eigentlich ein „parental advisory“-Sticker prangen. Nur dass darauf nicht vor expliziten sondern impliziten Inhalten zu warnen wäre, denn eins macht Gazarra gewiss nicht: Ja sagen.

Mal sehen, wie der seit einiger Zeit in Hamburg live-abstinente Gazarra zusammen mit seiner Gitarren-Elektro-Band die Attitüde und Schlüssigkeit seiner Platte umsetzt. Im Rahmen des DIRT!-Clubs in der Silbersackstraße werden anschließend seine Mitstreiter Alexander Polzin und Lawrence noch die Plattenspieler bedienen. Dabei sollte man besonders auf Lawrence, Mitbetreiber des dial-Labels achten. Zu seinem gleichermaßen düsteren wie soghaften House lässt sich nämlich nicht nur tanzen. Man kann darin, wie bei Jan Gazarras Musik, ebenfalls eine tiefe Traurigkeit entdecken, nur um im gleichen Moment getröstet zu werden. „Music can make you feel ...“

Gerd Bauder

Freitag, 23 Uhr, Tanzhalle