Tschüss Million

■ Das Arbeitsamt hat weniger Geld ausgegeben, als da war. Das ärgert die CDU

Wenn 100 Millionen Euro im Topf sind, und 99 werden ausgegeben, eine nicht – ist das gut oder schlecht? Schlecht, sagt Brigitte Dreyer von der CDU. Denn den Millionentopf verwaltet das Arbeitsamt und bestreitet daraus Maßnahmen „im Rahmen des Eingliederungstitels“, so heißt es im Amtsdeutsch, und dazu gehören Weiterbildungs-, Trainings-, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und vieles mehr. Für all das konnte das Bremer Arbeitsamt im vergangenen Jahr knapp 100 Millionen Euro ausgeben, aber etwas mehr als eine Million blieb übrig. Sie fließt nun zurück ans Landesarbeitsamt. „Das ist mehr als ärgerlich, weil 35.000 Arbeitslose in Bremen auf eine Chance zur Integration warten“, schimpft die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der CDU.

Was Dreyer kritisiert, wird woanders gelobt. Im Arbeitsamt findet man sich selbst gar nicht schlecht: „Eine Punktlandung will jeder“, sagt Haushaltsexperte Karl Pabst, aber die sei schwer zu realisieren. Die Mitarbeiter müssten, erklärt Pabst, am Anfang des Jahres nicht nur zahlreiche Maßnahmen planen, für die das Geld ausgegeben wird. Sie seien auch gesetzlich verpflichtet, immer Reserven zu haben für Arbeitgeber, die Zuschüsse aus dem Topf beantragen, für Reisekostenzuschüsse, für Neugründungen. Dass dann alles so klappt, wie geplant, sei auch nicht sicher: Wenn sich nicht genügend Interessenten für eine AB- oder andere Maßnahmen fänden, sei das dafür verplante Geld wieder frei. Pabst: „Es ist schlicht und ergreifend schwierig, einen Topf mit so viel Nachfrage bei Arbeitslosen, Beschäftigungsträgern und Betrieben punktgenau zu verplanen.“

Für seine Pläne verwendete das Bremer Arbeitsamt gut 97 Prozent seiner Mittel – und liegt damit ein bisschen unter Bundesdurchschnitt (98 Prozent) und unter Niedersachsen/Bremen-Durchschnitt (98,6 Prozent). Alles zwischen 95 und 100 Prozent „Ausschöpfungsgrad“ sei „durchaus akzeptabel“, findet Karl Pabst.

Das finden andere auch. „Man kann das nicht punktgenau planen“, sagt Arbeitsmarktexperte Paul M. Schröder vom Institut Arbeit und Jugend. Diesmal sei hier weniger ausgegeben worden als veranschlagt, anderswo – in Bayern – sei's umgekehrt. „Ich halte das für eine gute Quote“, sagt auch die Grüne Anja Stahmann, „ich glaube nicht, dass sich eine hundertprozentige Quote erreichen ließe.“ Denn das hieße eine ganz klare Absprache über die Gesamtheit der Mittel. „Aber es müssen Spielräume bleiben“, gibt die Arbeitsmarktpolitikerin zu bedenken. Sie würde Arbeitsamtsdirektor Christian Hawel wünschen, dass er für seine Planung belohnt würde – indem er die übriggebliebenen Mittel ins nächste Jahr nehmen könnte, statt sie jetzt zurückgeben zu müssen.

Helga Ziegert von der SPD sieht das ähnlich und findet, Brigitte Dreyer lebe „etwas hinterm Mond“, handele es sich doch um eine „übliche Umverteilungsaktion“. Die exakte Verplanung der Mittel sei umso schwieriger, als eine bisher noch für alle Arbeitsämter zur Verfügung stehende Deckungsreserve – quasi ein Notgroschen der Bundesanstalt – weggefallen sei, ein Minus also nicht automatisch aufgefangen werden könne. Ziegert: „Daran hat sich Bremen gehalten, andere Ämter im Land nicht.“

Denn das Geld, was nicht nur aus Bremen, sondern auch aus Bremerhaven (etwa 750.000 Euro) oder aus Emden oder Goslar zurück nach Hannover fließt, kommt jetzt anderen Ämtern im Land wie Helmstedt oder Hildesheim zugute, die mit ihrer Kalkulation in die roten Zahlen gerutscht sind.

Ob es nicht im Sinne der Bremer sei, einfach weniger vorsichtig zu planen, auch auf die Gefahr mehr auszugeben – für Hildesheim und Co. kommen jetzt schließlich auch andere auf? „Das dürfen wir gar nicht“, sagt Karl Pabst vom Arbeitsamt und verweist aufs Haushaltsrecht. Dass seine Kollegen von den Minus-Ämtern risikoreich geplant hätten, weist er zurück – es passiere immer mal was wenig Vorhersehbares. Während der Vulkan-Krise etwa habe Bremen auch Geld von anderen Ämtern bekommen.

Brigitte Dreyer indes versteht nicht, dass trotz Controlling genauere Planung nicht möglich sei. Und dass das Geld wenn auch nicht in Bremen, so doch in der Region bleibt, beruhigt sie auch nicht: „Ich bin schließlich Politikerin in Bremen.“ Susanne Gieffers