BETRÜGERISCHE PLEITEN GELTEN IN DEUTSCHLAND ALS KAVALIERSDELIKT
: Von den USA lernen heißt Kontrolle lernen

Einige spektakuläre Fälle von Betrug und dubiosen Pleiten konnte dieser Tage wieder mal der Neue Markt in Frankfurt vermelden. Da wurden Bilanzen gefälscht und Kredite erschlichen, stets verloren die Anleger fast ihr gesamtes Kapital. Ebenso übergreifend ist das Phänomen, dass diese Katastrophenfirmen in den Jahren vorher von den Wirtschaftsprüfern ihre Bilanzen testiert bekamen und jeweils von einem Konsortium von Banken an die Börse gebracht wurden.

Skandalös sind dabei weniger die betrügerischen Methoden der Vorstände. In einem Gründer- oder Zockermilieu wie in dem Börsenboom der letzten Jahre finden sich immer schwarze Schafe, die reich werden wollen, egal wie. Der Skandal ist vielmehr, dass die Aufsicht hierzulande nicht funktioniert und diese schwarzen Schafe weitgehend ungeschoren bleiben. Ihre Wirtschaftsprüfer reden sich heraus, dass sie ja nur prüfen könnten, was ihnen vorgelegt wird. Aber wenn eine kleine Firma einen Großkunden in Singapur aus dem Hut zaubert, mit dem sie über 90 Prozent ihres Umsatzes fingiert – kann man da nicht mal für ein paar hundert Euro jemanden vor Ort ausfindig machen, der den angeblichen Kunden überprüft?

Ähnlich verhält es sich mit den Banken. Sie schreiben meist einen Börsenprospekt oder werben mit ihrem guten Namen Aktionäre an, die dann Anteile kaufen. Dafür kassieren sie fette Provisionen. Wenn hinterher aber etwas schief läuft, sind sie aus dem Schneider. Haftung ausgeschlossen. Nicht mal der gute Ruf scheint angekratzt.

In den USA – nicht gerade bekannt für sozialen Kapitalismus – wären bei solchen Verlusten für Anleger kriminologische Untersuchungen bei Banken und Wirtschaftspüfern fällig, samt zwei- und dreistelligen Millionenstrafen. Hier ermittelt eventuell ein Bundesaufsichtsamt mit bekannt stumpfen Krallen. Vier Jahre Rot-Grün haben daran nichts geändert. Dabei zahlt der Staat auch noch mit drauf: Besser verdienende Anleger schreiben ihre Verluste von der Steuer ab. Aber diese Art von Ausgleichsverdienst ist im hiesigen Steuersystem ja gewollt. REINER METZGER