„Jeder soll wissen, wer eine Partei finanziert“

Hans-Christian Ströbele, Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre, über Transparanz bei der Spendenpraxis

taz: Herr Ströbele, Sie haben für die Grünen die Einigung über das neue Parteiengesetz mit Vertretern der anderen Parteien ausgehandelt. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Hans-Christian Ströbele: Weitgehend. Wir haben ganz wesentliche Erkenntnisse aus den Parteispendenaffären der letzten Jahre und vor allem auch der letzten Wochen bei dem Gesetz berücksichtigt. Gerade in der letzten Phase der Verhandlungen haben wir neue Fomulierungen daran gemessen, ob auch Verhaltensweisen wie die von Herrn Dr. Kohl und Herrn Rüther davon erfasst worden wären. Das gilt u. a. für die Strafbarkeit von Gesetzesverstößen.

Aber Sie waren doch ursprünglich dagegen, Verstöße gegen das Parteiengesetz unter Strafe zu stellen, weil Sie befürchteten, dass sich dann viele Zeugen vor Untersuchungsausschüssen auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen werden. Warum haben Sie Ihre Meinung geändert?

Ich bin zunächst für andere Sanktionen als Geld- oder Haftstrafen eingetreten, zum Beispiel für ein zeitweiliges Verbot, ein Mandat zu übernehmen. Da ich mich damit aber nicht durchgesetzt habe, ist mir die jetzige Einigung immer noch lieber als ein gänzlicher Verzicht auf die Androhung von Sanktionen. Um das von Ihnen angesprochene Problem in Untersuchungsausschüssen zu lösen, stelle ich mir eine Regelung vor, wie es sie in den USA gibt. Dort kann der Kongress mit einer Zweidrittelmehrheit ganz wichtigen Zeugen Immunität gewähren. Bisher gibt es dafür hier nur wenig Unterstützung, aber ich bin trotzdem sicher, dass es dahin kommen wird, weil die Untersuchungsausschüsse immer mehr vor Mauern des Schweigens stehen.

Von vielen weitreichenden Forderungen, die damals unmittelbar nach Bekanntwerden der CDU-Spendenaffäre erhoben wurden, ist wirklich nichts übrig geblieben, wie beispielsweise dem seinerzeit diskutierten Verbot von Unternehmensspenden. Wie kommt das?

Ich halte von einem solchen Verbot nichts. Die Einhaltung ist ohnehin sehr schwer zu kontrollieren. Vor allem aber halte ich den Grundsatz der Verfassung für richtig, dass nicht Spenden verboten werden sollen, sondern die Spendenpraxis transparent gestaltet werden muss. Jeder und jede soll wissen können, wer eine Partei finanziert.

Es gab auch den Vorschlag, die Kontrolle über die Parteienfinanzierung vom Bundestagspräsidenten auf eine Kontrollkommission beim Bundespräsidenten zu verlagern oder dem Bundesrechnungshof zu übertragen. Warum geschieht das nicht?

Parteien sollten nicht von der staatlichen Exekutive kontrolliert werden. Der Bundestagspräsident ist unabhängiger Repräsentant des Parlaments, nicht Teil der Exekutive. Das spricht dafür, die Kontrolle bei ihm zu belassen.

Wird es künftig einen Politikfinanzierungsbericht geben, der alle fünf Jahre einen Gesamtüberblick über die Finanzen und Geldflüsse der Parteien liefert, so wie das die vom Bundespräsidenten eingesetzte Kommission vorgeschlagen hat?

Im Parteiengesetz ist das bisher nicht vorgesehen. Die Grünen sind aber dafür, und man wird das weiter diskutieren müssen.

INTERVIEW: BETTINA GAUS