Rechtsruck folgt noch

■ Nach Abstimmung über den Haushalt: Schwarz-Schill auf dem hohen Ross

Nach drei Tagen Debatte lagen bei einigen die Nerven blank. Bei Dirk Nockemann (Schill) zum Beispiel: Er ereiferte sich über die „SPD und ihre Helfershelfer von ver.di, die nichts Billigeres zu tun hatten, als eine Demonstration gegen angeblichen Sozialabbau zu organisieren“. Oder bei Michael Neumann (SPD), der im Anschluss an eine müde rhetorische Pflichtnummer von Innensenator Ronald Schill Bürgermeister Ole von Beust (CDU) aufforderte: „Nehmen Sie Ihre Kettenhunde wieder an die Leine.“

Der erste Haushalt des Rechtssenats ist nach der Abstimmung am späten Mittwochabend unter Dach und Fach. Die Schärfe der Auseinandersetzung ist aber nur kleiner Vorgeschmack auf das, was sich spätestens im Dezember im Parlament abspielen wird: Dann wird der Etat 2003 verabschiedet – das erste originäre Werk von CDU, FDP und Schill. Dann erst wird der wahre Rechtsruck vollzogen.

Der Etat, der jetzt gültig ist, ist schließlich – wie die Senatsparteien nicht müde wurden zu betonen – „zu 99 Prozent“ noch gleichbedeutend mit dem rot-grünen Entwurf aus dem Vorjahr. Lediglich 37 Millionen Euro des 9,4 Milliarden-Etats sind bewusste Umverteilungen durch den Rechtsblock, also nicht einmal 1 Prozent des Etats.

Das ist jedoch nur auf den ersten Blick des harten Streites gar nicht wert. Denn hinter dieser Summe versteckt sich der viel beschworene Paradigmenwechsel der neuen Regierung: Mehr für Repression, weniger für Hilfe und Soziales. Und, wie der SPD-Haushaltsexperte Walter Zuckerer in seiner fulmi-nanten Etatrede ausführte: „Der Unterschied zwischen dem Hirn eines Menschen und dem eines Schimpansen beträgt auch nur ein Prozent. Und trotzdem gibt es gewisse Unterschiede.“

Zuckerer schaffte es damit allerdings nur kurz, die Regierenden von ihrem hohen Ross zu holen. Ansonsten waren die Haushaltstage unverhohlene Triumphfeiern derjenigen, die erstmals an den Fleischtöpfen sitzen. Es wurde ausgekostet, wenn auch so manche rhetorische Spitze aus der Koalition nach hinten losging. Wie die von CDU-Fraktionssheriff Heino Vahldieck, der seine Rede mit den Worten eröffnete: „Nicht alles, was der heutige Senat macht, ist schlecht.“

Vom Beifall der Opposition war er denn doch überrascht.

Peter Ahrens