„Lyrischer Patriot“ klagt weiter

BERLIN taz ■ Vor dem Moskauer Bezirksgericht Gagarin findet heute die zweite Hauptverhandlung gegen die taz und ihren Moskauer Korrespondenten Klaus-Helge Donath statt. Gegenstand ist ein Artikel vom 7. Mai 2001, in dem Donath den Personenkult um Kremlchef Wladimir Putin aufs Korn genommen hatte. Kläger Michail Anitschenko, dessen Hymne auf den russischen Präsidenten Donath zitiert hatte, fühlte sich als lyrischer Patriot missverstanden und klagte zunächst auf einen Schadenersatz von 11.000 Dollar. In einer zweiten Klage verlangt Anitschenko nun die Ausweisung des Korrespondenten. Durch die Verbreitung von Unwahrheiten über „Bürger der russischen Föderation und seinen Präsidenten“ habe die taz gegen das russische Pressegesetz verstoßen. Es ist der erste Prozess seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion gegen einen ausländischen Journalisten. Pressekreise vermuten, die Sponsoren des Klägers wollen mit diesem Prozess auszuloten, wie weit sich auf ausländische Presse Druck ausüben lasse.