Bessere Regeln gegen Biopiraterie

Konzerne des Nordens sollen Staaten des Südens am Gewinn der Genpatentierung beteiligen – in welcher Höhe, bleibt offen. Bescheidene Fortschritte beim Urwaldgipfel in Den Haag. Frankreich und Deutschland wollen Regenwald im Kongo schützen

aus Den Haag HANNES KOCH

Nein, gescheitert sei der „Urwaldgipfel“ nicht, erläuterte Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) gestern den Vertretern von Greenpeace, Naturschutzbund und Co. Die zurückhaltende Äußerung spricht Bände: Nach quälenden Verhandlungen haben sich die 180 Vertragsstaaten der Konferenz über biologische Vielfalt in einigen Punkten geinigt. Biopiraten, die geatnetische Informationen aus den Urwäldern des Südens stehlen, werden es in Zukunft etwas schwerer haben. Besonders beim Schutz der Regenwälder Indonesiens und Brasiliens aber blockierten einige Staaten bis zum Schluss: Hier bewegte sich nur äußerst wenig.

Es war das sechste Zusammentreffen der Staaten, die das Übereinkommen zur biologischen Vielfalt seit dem Umweltgipfel von Rio des Janeiro 1992 unterzeichnet haben. In dem Vertrag geht es darum, das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten zu stoppen und die letzten Urwälder zu schützen. Außerdem wollen die Vertragsstaaten verhindern, dass die Konzerne der Industrieländer die natürlichen Ressourcen im Süden ausbeuten, ohne diese Staaten am Profit zu beteiligen.

An diesem Punkt hat die Konferenz von Den Haag einen Fortschritt erzielt. Angenommen wurde ein Leitfaden gegen Biopiraterie. Die Empfehlungen sollen erleichtern, dass sich die Vertragsstaaten einheitliche Regelungen geben, um einerseits die illegale Ausbeutung zu verhindern und andererseits Firmen verlässliche Bedingungen zu bieten. Der Leitfaden rät zum Beispiel, in jedem Land eine Behörde einzusetzen, die die notwendigen Anträge auf Nutzung abwickelt. Regierungen und ausländische Firmen oder Forschungsinstitute werden außerdem angehalten, Verträge über die gemeinsame Beteiligung am Gewinn zu schließen. Hier allerdings ist die Regelung äußerst liberal: Wie viel Bayer, Aventis & Co. etwa der brasilianischen Regierung dafür zahlen müssen, dass sie mittels der Gene einer Urwaldpflanze ein neues Arzneimittel patentieren, wird nicht gesagt. Wenn die Regierung aus irgendwelchen Gründen einwilligt, kann der Konzern auch kostenlos davonkommen.

Bei Redaktionsschluss verhandelten die Minister noch über ein klares Ziel: Der Entwurf der Abschlusserklärung enthielt die Verpflichtung, das Artensterben und den Verlust an Biodiversität bis 2010 zu stoppen. Was dann noch übrig bliebe von den Urwäldern, wäre gerettet. Unklar war allerdings, ob diese Absichtserklärung den letzten Tag der Konferenz überlebt.

Auch die von Deutschland und Frankreich geforderte Konzentration auf drei Maßnahmen zum sofortigen Schutze des Urwaldes wurde hin- und hergewälzt. Gegen die Einführung eines weltweiten Zerifikats für nachhaltiges Tropenholz, die Gründung eines Systems von Schutzgebieten und harte Maßnahmen gegen den illegalen Export argumentierten nicht nur Brasilien, Kanada und Malaysia, sondern streckenweise auch Finnland und Portugal.

Ohne die Aktivitäten der deutschen und französischen Regierung wäre aber noch viel weniger herausgekommen. Sowohl Trittin als auch sein französischer Amtskollege Yves Cochet (Grüne) stellten zudem eine eigene Initiative vor, durch die sie besonders den Regenwald im Kongo schützen wollen. Details über Geld und konkrete Maßnahmen gibt es zwar noch nicht, immerhin aber die Absichtserklärung, die einheimische Bevölkerung einbeziehen zu wollen.

So weit die Worte. „Die Taten sprechen für sich“, sagte Martin Kaiser von Greenpeace. Schließlich finanziert die Westdeutsche Landesbank – ansässig im rot-grünen NRW – den Bau einer Öl-Pipeline in Ecuador. Zerstörung des Waldes inklusive.