Puff, Platz und Party in der Helene

■ Neues Architekturkonzept: Die Rotlichtstraße soll zur Fußgängerzone geöffnet werden

Und es bewegt sich doch was in der Helene. Die Hurenstraße soll zum für alle Bremer zugänglichen Helenenplatz geöffnet werden, um Impulse für das brachliegende Steintorviertel zu geben. Das ist der Kern des Architekturkonzepts, das Viertel-Ortsamtsleiter Robert Bü-cking gestern vorstellte. „Es ist ja nicht so, dass das Steintor derzeit vor Kraft kaum laufen kann“, sagte Bücking. „Da liegt es nahe, aus der Helene einen Ort zu machen, der neue Energie ins Viertel bringt.“

Seit Jahren ist von „toter Hose“ in der Helene die Rede. In der für Jugendliche und Frauen gesperrten Bordell-Straße verirren sich angeblich kaum noch Freier. Gleichzeitig verfallen die Grundstückspreise – und das mitten im Viertel, in dem ohnehin derzeit viele Läden leer stehen.

Jetzt hat sich der Bremer Architekturstudent Sven Lux in seiner Diplomarbeit mit dem Areal befasst (Note: 1,3) – und eine „sehr kluge Vision“ vorgelegt, wie Bü-cking findet. Der Clou: Die Helenenstraße wird zur Viertel-Fußgängerzone, ein freier Zugang zwischen Mecklenburger Platz und dem Steintor wird geschaffen. Die „Butzen“, das sind die zu Häuschen ausgebauten ehemaligen Wintergärten, in denen die Prostituierten ihre Dienste anbieten, sollen weg. Wie der Garagenhof, der die Helene derzeit zur Sackgasse macht – er wird abgerissen. An seine Stelle kommt ein neues Eros-Center in Form eines roten, sofaförmigen Riesen-Bocks mit Anbau und insgesamt 29 Separées, zwei Bars, Sauna, Poolbereich und einem glasüberdachten Atrium. Nutzfläche des von Lux „Le Sofa“ getauften Bordells: 3.000 Quadratmeter. Die Außenwand wäre mit einer latex-ähnlichen Folie verkleidet.

„Le Sofa“ hätte keine Fenster, dafür aber Zugang aus einer neuen Tiefgarage mit 100 Stellplätzen, die den gesamten Helenenplatz unterkellern soll. Architekt Lux: „Ein introvertiertes Modell. Die Garage könnte die Parkplatzprobleme im Viertel lösen, gleichzeitig könnten Freier und Prostituierte anonym ins Bordell gelangen. Der Schutz, den beide Seiten wollen, wäre gewährleistet.“ Die Damen sollen sich nach Vorstellung des Architekten in einer ludenfreien, selbst organisierten „Bordell-GmbH“ zusammenschließen und die Zimmer mieten oder in Teileigentum erwerben. Derzeit zahlen die meisten rund 1.000 Mark Miete pro Monat für ihre „Butzen“.

Damit sich der Rest des Kiezes belebt, hat sich Lux eine komplett neue Bebauung für den Platz ausgedacht: An der Nordseite ein Backpacker-Hotel, ein Restaurant und etwa zehn gut 100 Quadratmeter große Wohnungen. Und auf der Südseite könnten ein neuer Eingang für ein Gewerbegebäude und die Diskothek „Moments“ (derzeit noch über das Steintor zugänglich), ein Erotik-Museum, Bars oder Cafés entstehen. Die neue Helene wäre Puff, Platz und Party zugleich, ein Kneipenkiez wie „Auf den Höfen“ – nur eine Nummer größer. „Vielleicht könnte man auch den Ziegenmarkt auf den Helenenplatz ausdehnen“, wünscht sich Bücking.

Vor allem aber will er die uralte Diskussion um die Rotlichtmeile neu beleben. Investoren gibt es nämlich bislang keine. Nur knapp 20 Eigentümer, die unter einen Hut gebracht werden müssten. Einige Häuser der 1878 entstandenen Prostituiertenstraße stehen derzeit sogar unter Zwangsverwaltung. Bü-cking: „Da ist noch ein dickes Brett zu bohren.“ Faktisch dürften die Bagger erst anrücken können, wenn die Helene per Baurecht zum Sanierungsgebiet erklärt ist. „Enteignungen – nur zur Not“, betont Bücking. „Am liebsten wäre es mir natürlich ohne die Anwendung dieses Foltergerätes.“

Aber: Schon gebe es positive Signale aus dem Planungsamt. „Vorsichtig geschätzt“, meint Bücking, „könnte der Bau in fünf Jahren beginnen“.

Und was sagen die Helene-Huren? Die Prostituiertenorganisation „Nitribitt“ hat das Konzept bereits in der Helene rumgereicht. Ergebnis: Die meisten sind skeptisch. „Die Freier wollen keine offene Straße, wir wollen unsere Butzen“, sagt eine, die bereits seit 18 Jahren in der Straße arbeitet. Aber auch sie findet: „Gut, dass hier endlich was passiert.“ Kai Schöneberg

Am Samstag, 27. April um 11 Uhr, findet im Foyer der Schauburg eine Diskussion zu den Helenen-Plänen statt.