Das Bisschen besser

Vieles bleibt gleich: Im Haus der Berliner Festspiele wurde das Programm des 39. Theatertreffens bekannt gegeben. Dieses Jahr neu: ein alternatives Theatertreffen

Diesmal sollte alles anders sein, aber eigentlich ist es wie immer. Zwar fehlen in diesem Jahr Peter Zadek, Luc Bondy oder Claus Peymann. Doch deren aktuelle Inszenierungen werden auf dem Alternativen Theatertreffen zu sehen sein, das zum ersten Mal vom BE veranstaltet wird. Von den zehn nominierten Aufführungen für das Treffen, das sich selbst kess als „einzig wahres“ bezeichnet, kommt fast die Hälfte vom BE selbst. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. „Schafft zwei, drei, viele Theatertreffen“ könnte schließlich auch das Motto sein. Was in der gegenwärtigen Berliner Theaterdepression sicher nicht das schlechteste Signal sein muss.

Dass auch die offizielle Leistungsschau der deutschsprachigen Theater nicht ohne bekannte Namen auskommt, versteht sich von selbst. Da ist natürlich Frank Castorf mit den „Erniedrigten und Beleidigten“ aus Berlin, Christoph Marthalers viel gerühmter Schubert-Abend seines Zürcher Schauspielhauses „Die schöne Müllerin“ und Luc Percevals Jon-Fosse-Inszenierung „Traum im Herbst“ von den Münchener Kammerspielen. Außerdem sind Produktionen des Regienachwuchses in Berlin zu sehen: Stefan Puchers „Drei Schwestern“ aus Zürich, Stephan Kimmigs Stuttgarter Atriden oder Meg Stuarts Choreografie „Alibi“ aus Zürich – allesamt Theatertreffendebütanten.

Auch René Pollesch ist mit seiner „Prater-Trilogie“ endlich beim Theatertreffen angekommen. Früher hat er gelegentlich getönt, so eine Einladung würde er nie annehmen. Hat er jetzt doch. So ist das eben mit dem Sog des Establishments.

Auch der jugendliche Drang zur absoluten Zeitgenossenschaft, der in den letzten Jahren fast schon wahnhafte Züge angenommen hatte, scheint etwas abgemildert beziehungsweise neu durchdacht: „Jung sein ist wie eine Krankheit“, ist eine Diskussion überschrieben, an der einige gesund aussehende Protagonisten der jüngeren Theatergeneration, darunter Stefan Bachmann und Janec Müller, teilnehmen. Einen Sonntag später spricht man dann über den Erfolgsdruck, unter dem Theaterneuanfänge heutzutage stehen und für die nicht mal mehr die Hundert-Tage-Regel gilt: mit dabei Tom Stromberg aus Hamburg, Bernd Wilms aus Berlin und Christoph Marthaler vom Schauspielhaus Zürich, alle schon länger als hundert Tage an der Macht. Schuld an der Misere sind laut Programmbuch der Veranstaltung die Eventjournalisten. Na ja.

Die Dramatiker des diesjährigen Stückemarktes sind Maxim Biller, Kurt Drawert, John von Düffel, Ulrike Syha und Rebekka Kricheldorf. Ein wenig stutzig macht nur, dass kaum Theater aus dem Osten Deutschlands zu sehen sein wird. Immerhin hat sich der Volksbühnenvirus personell und inhaltlich inzwischen bis Hannover und Zürich ausgebreitet. ESTHER SLEVOGT