Kronzeuge bewacht

Vor dem zweiten Tag im Al-Quaida-Prozess wird der einzige aussagewillige Angeklagte gesondert geschützt

FRANKFURT taz ■ Vor der Staatsschutzkammer am Oberlandesgericht in Frankfurt am Main wird morgen der Prozess gegen fünf mutmaßliche Mitglieder der Terrororganisation al-Qaida fortgesetzt – unter noch einmal verschärften Sicherheitsbedingungen nach dem Anschlag auf die Synagoge von Djerba. Auch in der Justizvollzuganstalt Weiterstadt, in der alle fünf Angeklagten für die Dauer des Verfahrens einsitzen, wurden nach Informationen der taz „sicherheitserhöhende Maßnahmen“ ergriffen.

Gesondert geschützt wird dort jetzt der 26 Jahre alte Aeurobi Beandali. Der Algerier ist nämlich „aussagebereit“, ganz im Gegensatz zu den vier anderen Angeklagten. Ein Kronzeuge also für die Bundesanwaltschaft? Der käme das sehr gelegen. Denn die Anklage nach Paragraf 129 a Strafgesetzbuch – Bildung einer terroristischen Vereinigung – steht offenbar auf wackeligen Beinen. Der Kölner Rechtswissenschaftler Cornelius Nestler etwa glaubt, dass es schwierig werden dürfte, den exakten Nachweis dafür erbringen zu können. Der Vereinigung müssten feste Strukturen mit festen Hierarchien und der „gemeinsame Wille“, zusammen schwere Straftaten zu begehen, nachgewiesen werden. Dazu aber bedürfe es konkreter Aussagen von Beschuldigten oder Zeugen, abgefangener Korrespondenz oder abgehörter Telefonate. Wenn sich Derartiges nicht finde und alle Beschuldigten weiter die Aussage verweigerten, sei dieser Nachweis kaum zu erbringen.

Mit dem Nachweis der gleichfalls angeklagten „Vorbereitung eines Sprengstoffanschlages“ dürfte die Bundesanwaltschaft dagegen weniger Probleme bekommen. In den Wohnungen der Angeklagten in Frankfurt fanden die Ermittler des BKA schließlich umfangreiche Materialien zum Bau einer Nagelbombe mit verheerender Wirkung – und ein mit hasserfüllten Kommentaren besprochenes Video mit Sehenswürdigkeiten von Straßburg. Laut Anklageschrift soll das Anschlagsziel am 26. 12. 2000 der Weihnachtsmarkt dort gewesen sein; nach Informationen des Fernsehmagazins Report Mainz aber die Synagoge in Straßburg.

Der aussagewillige Beandali könnte zur Schlüsselfigur werden. Ein islamistischer Hardliner unter den Angeklagten war wohl auch deshalb bereits zum Prozessauftakt aufgerastet. Lamine Maroni, der als Kopf der Gruppe gilt, sprach von „Verrat“ und provozierte das Gericht: „Hier sind nur Juden!“ Er wurde von der Verhandlung ausgeschlossen.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT