„Es geht nur Du“

■ Die Bremer City hat einen Anleger für die Gäste vom Wasser und mit dem ersten Hafenmeister auch einen äußerst geselligen Botschafter für den Anlegersteg

Bodo empfängt Bremens Gäste ausschließlich mit einem „Du“. Gäste, das sind alle, die vom Wasser kommen und in der City gehen wollen. „Der Hafenmeister ist die gute Seele und die kann man nicht siezen.“ Darauf besteht der offenherzige Kerl im roten Pulli.

Bodo Fischer ist der erste Hafenmeister der „Marina Bremen“, Anleger 12 auf Höhe der Stephanikirche. Der erste überhaupt, denn bis der Sportbootanleger ins Herz Bremens zog, war das städtische Weser-ufer jahrelang tabu für Wassersportler. Nur vereinzelt wurden die gewerblich genutzten Anleger der Weserpromenade geentert, um kurz in einer Bar zu verschwinden. Dann realisierte der Landesverband Motorbootsport Bremen (LMB) im Rahmen eines Wettbewerbs die Idee eines stadtnahen Anlegers, der nun in die erste Saison geht.

Ein Unikum ist es auf alle Fälle: „So etwas gibt es wohl nur in Bremen“, sagt Horst Lenigk vom LMB: dass ein Anleger nicht von der Stadt, sondern von einem Verein betrieben wird. Der LMB stellt auch die Hafenmeister, die ehrenamtlich und in monatlichem Wechsel den auf Schwimmkörpern be-festigten Steg betreuen.

„Gibt es ein Problem auf der Toilette, muss ich halt da hin“, sagt Bodo, der seinen Einstand voller Freude gibt. Und auf dem Steg gibt es einiges zu regeln. Bodo achtet darauf, dass die Kasse stimmt, verwaltet An- und Abmeldungen und lädt die Chipkarten auf, mit denen die Gäste Strom „für Kühlschrank und Glotze“ ziehen können. Und im Notfall springt er in das orangefarbene Rettungsboot.

„Die Leute sollen sich freuen, wenn sie an die Anlage kommen“, ist Bodos Motto. Für Kurzzeitgäste ist der Steg ein schwimmendes Wochenend-Domizil in zentraler Lage. Doch für „See-Nomaden“ (häufig Rentner), die monatelang unterwegs sind, beherbergen die zwei Nutzcontainer des Holzstegs den Luxus der Sesshaften – die Waschmaschine, die gekachelte Dusche, das Bügeleisen.

Im Bürocontainer der Anlage hängt das Infobord mit Tidenkalender, Broschüren zu Museen, Restaurants, und anderen Touri-Zielen – auf Deutsch und Englisch, zum Mitnehmen. Hier übernimmt der Hafenmeister den „Papierkram“ – „wohl oder übel“, schmunzelt Bodo. Ihm ist die Holzsitzgruppe zwischen den zwei grauen Containern lieber als der Bürostuhl. Denn dort wird geklönt und geflachst, das Sonnendach spendet Licht und der Rollladen sorgt für leichten Luftzug an heißen Tagen.

Wenn die Saison zur Ferienzeit ihren Höhepunkt erreicht, finden bis zu sechzig Schiffe Platz. „Zur Not liegen die Schiffe dann im Päckchen“– bis zu drei aneinander. Aber nur eine Toilette in der Hauptsaison? „Wenn die Tür zu ist, ist sie zu“, stellt Bodo klar. Ihn scheint das Schaukeln auf dem Wasser in Gelassenheit zu wiegen.

Kurzzeitgäste zahlen den Preis für unter fünf Stunden und nach drei Übernachtungen ist Sense. Ein Euro pro Meter Schiff – „Billiger als Campen“. Wasser zieht Menschen an: „Von bettelarm bis millionenschwer. Yachten besser eingerichtet als manch ein Zuhause.“ Bodo versucht den Magnet Wasser philosophisch zu erklären: „Wasser beruhigt. Vielleicht weil wir Menschen neun Monate im Wasser schwabbeln, bevor wir auf die Welt kommen.“

Mit stolzer Brust zeigt Bodo seine „Poesie“, eine 8,5 Meter lange Motoryacht, „ein kerniges Arbeitsschiff“. Eigenhändig betüdelte Bodu zwölf Jahre lang dieses Schmuckstück. Vor drei Jahren ging der Maschinenschlosser in Rente, und zusammen mit seiner Frau Ursel zieht er jedes Jahr für einige Monate von Gröpelingen auf die Weser. „Ein wunderbares Leben.“ stimmt der 64-jährige SeeNomade ein ehrliches Lachen an. Im überdachten Steuerhaus ist es häuslich mit Teddies und weißer Gardine samt blauer Kordel. Die 8, 50 Meter bieten Platz für ein Klo, eine kleine Kochzeile, eine Schlafkoje und Tanks mit 500 Liter Diesel- und 250 Liter Wasser.

Nach der offiziellen Eröffnung am vierten Mai wird Bodos Zeit als Hafenmeister vorbei sein und der nächste das Ruder übernehmen. Dann treiben Bodo und Ursel vier Monate auf der „Poesie“ durch die neuen Bundesländer. Und abends ziehen sie die Gardinen im Steuerhaus zu. „Dann leben wir auf engs-tem Raum liebevoll zusammen.“

Daniel Toedt