Sag mir, wo der Strom herkommt

EU-Parlament will Konzerne verpflichten, die Quellen der Energie offenzulegen. Konzerne mauern

BERLIN taz ■ Der Strom kommt aus der Steckdose; aber woher kommt er wirklich? Atomkraftwerke, Wasserturbinen, Braunkohleöfen? Bei den großen Energieversorgern weiss man es nicht so genau, weil diese Unternehmen ihre Quellen nur zum Teil preisgeben müssen. Das soll sich nun ändern: Die Europäische Union verhandelt am kommenden Freitag im spanischen Pamplona über eine Richtlinie, die die Pflicht zur Kennzeichnung der Stromherkunft enthält. Was Greenpeace ausdrücklich begrüßt: Energieversorgungsunternehmen müssten über Erzeugungsart und Herkunftsland informieren, damit die Verbraucher wüssten, „wo, wie viel und aus welchen Quellen Atomstrom kommt“. Schließlich mache ein Atomkonsens nur dann Sinn, wenn die Stromkonzerne den Atomstrom wirklich substituieren und eben nicht einfach billig in Osteuropa produzieren lassen.

Richtig gut für Kennzeichnungspflicht stehen die Chancen allerdings nicht. Erstens trifft sich in Pamplona EU-Kommisarin Loyola de Palacio mit Bundeswirtschaftsminister Werner Müller – beide sind bislang nicht gerade als Kernkraftgegner aufgefallen. Zweitens trommelt die Stromlobby derzeit unablässig gegen diesen Paragrafen.

Mit gutem Grund: Der Anteil des so genannten „grauen“ Stromes – Elektrizität, die von den Konzernen nicht selbst produziert, sondern zugekauft wird – ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Bezog die deutsche Eon etwa im Jahr 2000 noch 43 Prozent ihres verkauften Stromes von Fremderzeugern, so waren es 2001 schon 57 Prozent. Und die Herkunft dieses zugekauften Anteil müssen die Unternehmen bislang nicht ausweisen.

„Die Herkunft des Stroms wird zunehmend verschleiert“, analysierte Teske gestern in Berlin. Durch einen derart unkontrollierten Stromimport – etwa aus „dreckigen“ Atom- und Kohlekraftwerken – würden nationale energiepolitische Entscheidungen wie etwa der lange verhandelte Atomausstieg in Deutschland zunehmend an Bedeutung verlieren.

Greenpeace startete deshalb gestern europaweit eine Kampagne, um die vom Europäischen Parlament im März erarbeitete Kennzeichnungspflicht zu unterstützen. Nach dieser sollen Stromhändler dazu verpflichtet werden, auf Stromrechnungen und in ihrer Werbung offen zu legen, wo der Strom herkommt. „Warum soll für große Stromkonzerne etwas anderes gelten als für Anbieter von Ökostrom“, fragt Teske. Die müssten ja auch ihre Bezugsquellen nachweisen.

NICK REIMER