Von Spätzlefressern und Badensern

Mental tief gespalten: Der alte Streit zwischen Schwaben und Badenern wird wohl ewig währen

STUTTGART taz ■ 50 Jahre Animositäten im Südweststaat müssen gefeiert werden. Als 1952 das Stuttgarter Parlament den Zusammenschluss von Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern offiziell beschloss, vereinigten sich im Wappen des neuen Bundeslandes der württembergische Hirsch und der badische Greif zu einem neuen Kunstprodukt – sichtbares Zeichen des vollzogenen Zusammenschlusses.

Im Innern der Allianz jedoch opponierte von Anfang an der traditionell aufmüpfige, aber arme ehemalige Freistaat Baden gegen die schwäbische Dominanz im reichen Stuttgart und versuchte vergeblich, wieder unabhängig zu werden. Die Schwaben hingegen verteidigten das Staatsgebilde und nannten ihre Gegner spöttisch „Badenser“, was noch heute als Beleidigung gilt. 1956 erstritt der „Heimatbund Badenerland“ beim Bundesverfassungsgericht eine neue Volksabstimmung, die aber bis 1970 verschleppt wurde. Diesmal ging sie, auch mit den Nord- und Südbadener Stimmen, mit 82 Prozent eindeutig für den Zusammenschluss aus.

Reichlich Streitpotenzial bot auch der Name des Landes. Der Arbeitstitel lautete „Südweststaat“, „Baden-Württemberg“ hieß es erst anderthalb Jahre nach der Gründung. Zur Diskussion standen Rheinalbien, Südlanden, Bruderland, Alemannien ebenso wie ein schlichtes Schwaben, was die „Badenfrage“ damals ordentlich anheizte.

Die ist im Alltag politische Folklore geworden. Nur mancherorts wird sie auch heute noch mit vehementem Regionalpatriotismus gepflegt. So sind die Feiern zum 50. Jubiläum den 11.000 Mitgliedern der „Landesvereinigung Baden in Europa“ ein Dorn im Auge. Sie planen eine Reihe von Veranstaltungen gegen den Stuttgarter Zentralismus.

Trotz solcher mentaler Unvereinbarkeiten wird Baden-Württemberg heute als „Musterländle“ wahrgenommen. Die Landesregierung lässt sich die Feiern denn auch eine halbe Million Euro kosten. Nach dem offiziellen Festakt des Landtags am Samstag in Stuttgart sind unter anderem ausgelagerte Plenarsitzungen in Karlsruhe, im Kloster Bebenhausen und in Freiburg geplant. Diese südlastige Auswahl verärgerte prompt die Mannheimer im Norden: Karlsruhe sei kein historischer Ort in der Landesgeschichte. Die Baden-Württemberger werden wohl auch künftig überzeugte Badener, Franken, Pfälzer und Schwaben bleiben. HEIDE PLATEN