■ Bremen neu erleben
: Hall of Crime

Die Oslebshauser Grünen sorgen sich um die Zukunft „ihres“ Knasts. Verlegung auf das Gelände des bisherigen Frauen-knasts – schön und gut, da hat der Beirat ja auch zugestimmt. Aber was wird mit dem alten JVA-Gebäude? „Wir müssen sorgsam überlegen, was passieren soll und was zu diesem Stadtteil passt“, mahnt das grüne Beiratsmitglied Helmut Kasten. Typisch grüne Bedenkenträger, wollen wieder alles diskutieren. Vielleicht sollten sie mal bei der CDU nachfragen. Die hat doch bestimmt schon ein Konzept im Ärmel, wahrscheinlich sogar schon vor zwei Jahren eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

Was? Nicht? Na gut, dann hätten wir einen bescheidenen Vorschlag zu machen. Eine Nutzung, die sich doch geradezu aufdrängt: Der altehrwürdige Bremer Knast wird zu einer „Hall of Crime“ umfunktioniert! Zu einem Museum all der Praktiken, für die man früher „nach Oslebs“ ging. Die Beschaffung der Exponate wäre nicht weiter schwierig: Die Polizei müsste nur von Zeit zu Zeit ihre Asservatenkammer ausmis-ten, schon wäre zumindest ein Grundstock aus Schmetterlingsmessern, Schießprügeln und Schlachterbeilen beisammen. Bisher dämmern solche Pretiosen in der nichtöffentlichen Waffensammlung im Polizeipräsidium vor sich hin. Die „Hall of Crime“ wäre da ein Ersatz für das 1945 versehentlich ge-sprengte Kriminalmuseum im Polizeihaus am Wall.

Als lokales Highlight böten sich die Krähenfüße an, mit denen sich die Wempe-Räuber die Polizei von den Fersen hielten. Oder die von Vegesacker Neonazis gebaute Rohrbombe. Oder die Freimarkt-Chips, mit denen Schausteller Klaus Renoldi die Schließer in Oslebs bestechen wollte. Für das vertiefende Studium könnte man in der Knastbibliothek eine Pro-zessakten-Sammlung anlegen. Allein die Unterlagen über die legendäre Giftmischerin Gesche Gottfried füllen mehrere Regalmeter.

Natürlich, für eine richtige „Hall of Crime“ müssen auch Exponate von überregionaler Bedeutung her. Als würdiger Standort hat sich Bremen zumindest empfohlen, hat es doch schon im zweiten Jahr hintereinander die höchste Rate von Mord und Totschlag. Vielleicht kann zumindest bei der Akquise von Ausstellungsstücken die Bremer CDU ihre Kontakte spielen lassen: Man könnte zum Beispiel bei Helmut Kohl nachfragen, ob er wenigstens noch einen leeren Aktendeckel vom Leuna-Verkauf übrig hat. Oder bei Wolfgang Schäuble nach dem Koffer fragen, in dem er von Karl-Heinz Schreiber die 100.000 Mark bekommen hat. Das wären echte Brüller, die massenhaften Besucherzustrom garantieren würden!

Der wiederum macht den Oslebshauser Grünen heute schon Sorgen. Eine „störungsfreie Nutzung“ wünschen sie sich für das alte Gemäuer. Wie wär's mit einem Shuttle-Service, der die auswärtigen Besucher synergiemäßig direkt von Universum und Botanica abholt? Vielleicht sogar mit dem Bus, in dem das Gladbeck-Gangsterduo Rösner/Degowski („Tot sein ist besser als wie ohne Geld“) einst eine Geisel erschossen hat?

Ansonsten ist der Standort in Oslebshausen prädestiniert: Die zum Teil denkmalgeschützten Gebäude würden durch die neue Nutzung kaum beeinträchtigt. Und das Allerbeste: Auf dem Gelände sollen auch noch in Zukunft Freigänger untergebracht werden. Die könnte man als Museumsführer einstellen – echte Experten, authentischer geht's nicht. Jan Kahlcke