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: Rabenmütter im Regen

„37 Grad: Auf und Davon“

(Di., 22.15 Uhr, ZDF)

So sieht also eine Rabenmutter aus: blonde, kurze Haare, dezent geschminkt, kleine Perlohrringe, offenes Gesicht. Die 51-jährige Viktoria hat vor elf Jahren ihren Mann und ihre drei Kinder verlassen: „Männer gehen Zigaretten holen – weg sind sie. Und bei Männern ist das normal“. Eine simple Feststellung, gelassen und undramatisch.

Leider kann Sibylle Trosts Film diesen Anspruch des Vorspanns nicht halten. Zu angestrengt verteidigt die Autorin das Frauenrecht auf Zigarettenholen. Das wirkt umso verkrampfter, als sie sich selbst gar nicht so sicher zu sein scheint. So umgibt die drei Frauen, die porträtiert werden, stets ein trüber Schleier: Regen, Nebel, Unterführungen und Kunstlicht sind der Hintergrund. Warm und bunt sind nur die Schnappschüsse von ihren Kindern, die immer wieder eingeblendet werden. Lachende Gesichter im Sonnenschein. Also sind die Mütter doch die Bösen und dürfen deshalb nicht glücklich sein?

Nein, versichert die Kommentatorin penetrant: „Der Vater musste akzeptieren, dass Mütter das tun, was für Männer selbstverständlich ist.“ Der oberlehrerhafte Text ist nicht nur kontraproduktiv, sondern teilweise auch unfreiwillig komisch: Zur Kuschelsofaszene der Wochenendmutter mit ihren drei Töchtern flötet die Sprecherin: „Im Mädchenparadies der Gemeinsamkeit raufen sie sich zusammen.“ Zudem bringt die Autorin so die moralischen Kategorien erst ins Spiel, die sie dann krampfhaft zu überwinden sucht. Nacht, Nebel, kaltes Neonlicht, Vater, verlassen und allein erziehend, beim Spaziergang. „Freitagnacht, für Pastor Friedrich Zeit des Trauerns und Bedauerns“. Schnitt: Renate, die ihre Kinder verlassen hat, weil sie den Mann nicht mehr ertrug, beim nächtlichen Kneipenbesuch. „Auch Renate ist allein. Sie genießt die Zeit.“ Renate vor ihrem Glas: „Hier gehe ich gerne hin, weil man da nicht angemacht wird.“ Darauf die Journalistin: „Warum gehen Sie denn dann überhaupt aus?“ Ja, warum bleibt sie nicht daheim mit einer schönen Tasse Kamillentee? So bleibt am Ende der Eindruck: Zigaretten holen ja, aber rauchen bitte nicht.

ANNETTE KLINKHARDT