„Schwellenängste muss niemand haben“

… sagt Werner Durth, der zusammen mit dem Büro Behnisch und Partner die neue Akademie der Künste entwarf

taz: Herr Durth, wie würden Sie einem Blinden das hoffentlich bald fertige Gebäude der Akademie beschreiben?

Werner Durth: Ganz einfach. In der Mitte des Grundstücks steht ein großer Altbau, in dem die historischen Ausstellungssäle sind – unter Liebermanns Ägide die Keimzelle der Moderne in Berlin. Zum Pariser Platz hin stellen wir diesem Altbau ganz offene Ebenen voran, mit einem großen Foyer. Darüber befinden sich Lesesaal und Plenarsaal, durchsichtig geschichtet, damit der Blick auf den Kern offen bleibt.

Sind sie froh, dass das Projekt langsam vollendet wird?

Absolut. Bei allen Missverständnissen und Vorurteilen, die diesem Bau von Anfang an entgegengebracht wurden, haben wir immer gehofft, durch den Bau selbst zeigen zu können, was wir dort wollen. Heute kann es jeder erleben, wie man ohne Sockel und Schwelle vom Pariser Platz über die Wölbung des Foyerbodens hochgeführt wird in die Hallen. Man wird spüren, welcher Gewinn das für den Platz ist, wie hier auch durch Architektur Öffentlichkeit erzeugt wird.

Es wurde lange um die Fassade gestritten. Konnten Sie inzwischen ihren Frieden mit den Änderungen machen?

Ja, denn es ist nicht eine Änderung dabei, die unser Konzept in Frage gestellt hätte: Wir bleiben der kritischen Rekonstruktion gewogen, wir nehmen die Fassadengliederung auf und folgen eben nicht der Vorgabe des steinernen Materials – diesen Grundansatz haben wir durchgehalten. Aber der ganze Streit gehört inzwischen schon zur Geschichte des Pariser Platzes.

Haben sie die Befürchtung, da kommt noch was?

Natürlich! Es kann beim Richtfest zur Sprache kommen, dass es – wie üblich – Spannungen gibt zwischen den Architekten,dem Generalunternehmer und dem Senat – über Mehrkosten und Verzögerungen. Das hat uns als Architekten überhaupt nicht glücklich gemacht.

Der Bau ist finanziell noch nicht völlig abgesichert. Bei der Ausstattung fehlt auch Geld.

Das ist richtig. Aber wir sehen mit berufsbedingten Optimismus, dass es weder politisch noch kulturell erträglich wäre, diesen Bau nicht zügig zu beenden. Man wird sich hoffentlich an diesem Platz keine Lücke leisten wollen.

Wer ist Ihnen als Nachbar lieber: Adlon oder DG-Bank von Gehry?

Na, das ist ja ’ne witzige Frage. Natürlich der Gehry. Aber ich denke, es gibt ein sehr schönes Spannungsverhältnis – zwischen dem markanten Gehry, der Akademie und der historisierenden Fassade des Adlon. In späteren Generationen wird man dieses Esemble vielleicht als ganz spannende Collage betrachten.

Die Akademie soll ein öffentliches Haus sein – am Anfang der Linden. Sollte man den Bogen schlagen und am anderen Ende, am Schlossplatz, ein ähnliches Haus bauen?

Genau das würden wir uns wünschen – ein Haus, dass internationale kulturelle Entwicklungen dokumentiert. Der Streit, um historische Rekonstruktion oder nicht, ist auch nach der Expertenempfehlung nicht ausgestanden. Und man wird sicher auch noch über Nutzungskonzepte streiten müssen.

INTERVIEW: JAN ROSENKRANZ