vorlauf
: Fast wia im wirklichen Leben

„Jetzad!“ (23.05 Uhr, Arte)

Telefondame eines großen Senders im Süden, derber Dialekt, sehr energisch: „Pressestelle, grüüüß Gott!“ taz-Praktikantin, eingeschüchtert: „Ja, guten Tag, taz-Medien-Redaktion, ich hatte vorhin schon einmal angerufen, es geht um die Gerhard-Polt-…“ Telefondame, unwirsch: „Ja, mit wem haben Sie denn da gesprochen?“ taz-Praktikantin, beschämt: „Das weiß ich leider nicht, das war wohl Ihre Kollegin.“ Telefondame, streng, aber gnädig: „Na ja, dann will ich Ihnen das mal glauben … Um was ist es jetzt gegangen?“ – „Ich würde gerne eine Videokassette mit dem Polt-Porträt von Ute Casper bestellen, damit wir es vorab in unserer Zeitung besprechen können.“ – „Moment, da muss ich die zuständige Kollegin fragen …“

Warteschleife: „Bitte haben Sie einen Moment Geduld.“ Die freundliche Männerstimme ist wie ein Sonnenstrahl im herben Telefonklima des Senders und verleiht Kraft für die zweite Runde. Telefondame, sehr empört: „Sie haben doch schon einmal angerufen wegen dem Video, sagt die Kollegin!“ Praktikantin, tapfer: „Hatte ich ja gesagt.“

Telefondame, wischt Einwand beiseite: „Also, die Kollegin war eben dabei, das Video für Sie fertig zu machen.“ taz-Praktikantin wagt in ihrer Euphorie noch eine Bitte: „Äh, ich würde die zuständige Kollegin gerne noch sprechen, ist das möglich?“

Wird wortlos verbunden. Andere Frauenstimme, noch derberer Dialekt, noch gestresster: „Ich hab Ihnen doch ausrichten lassen, dass die Kassette unterwegs ist!“ – „Ja, wunderbar, vielen Dank, ich hätte nur noch eine Frage. Warum läuft denn das Polt-Porträt dreimal: erst auf Arte unter dem Titel ‚Jetzad!‘, dann im Ersten als ‚Sakradi‘ und noch einmal auf Ihrem Sender als ‚I sag nix!‘?“

Frauenstimme, prompt: „Aha!“ Und lauernd: „Is des jetzt wichtig für Sie?“ taz-Praktikantin: „Na ja, es würde mich schon interessieren!“ Frauenstimme, nachdrücklich, wichtig: „Ja, das ist so, wie wir das in unserer Pressemitteilung geschrieben haben!“ taz-Praktikantin: „Und Sie sind die Pressesprecherin?“ Frauenstimme: „Nein, ich bin nicht die Pressesprecherin.Und ich bin nicht zitierfähig, merken Sie sich das!“

ANNETTE KLINKHARDT