■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Realer Sozialismus bei der SPD

Die Organisationen aus der Arbeiterbewegung meinen immer, dass sie etwas ganz besonderes sind und den Sozialismus mit Löffeln gefressen haben. Wer das SPD-Büro in Bremerhaven putzen muss, weiß: Da bist du als Putzfrau das Allerletzte.

Und jetzt wollte der Geschäftsführer der SPD der Bremerhavener Putzfrau sogar verbieten, bei der Wahl des Betriebsrates ihre Stimme abzugeben. Begründung: Die hätte ja „nur“ einen 630 Marks-Vertrag. Erst geben sie dir so einen Vertrag, und dann hast du deswegen keine Arbeitnehmerrechte!

Geändert hat diese eine Putzfrauen-Stimme nichts, die Beschäftigten der SPD im Lande Bremen haben mit 7:6 Stimmen ihren Geschäftsführer zum Betriebsrat gewählt. Wenn demnächst über die Arbeitsbedingungen der 630-Marks-Kräfte bei der Bremer SPD verhandelt wird, dann sitzt also auf der einen Seite der Geschäftsführer Roland Pahl und auf der anderen der Genosse Betriebsrat Roland Pahl. Als ob so der Sozialismus verwirklicht wäre bei der SPD!

Auch wenn der Roland im Grunde ja ein armer Kerl ist, der nichts zu sagen hat. Anstreicher organisieren darf er, aber wenn er mal zu viel für Tapeten und Farben ausgibt, dann kriegt er eine Abmahnung. Und die flotte Antje will ihn am liebsten rausschmeißen, weil er es nicht bringt. Das ist die neue Generation, flexibel, effektiv, gebildet, das gefällt mir eigentlich, obwohl sie das Büro des Arbeitgeberverbandes genauso gut managen würde. So sind die Sozialdemokraten von morgen.

Den Manfred Jabs haben sie schon nach Bremerhaven weggelobt, weil er von der alten SPD war. Jetzt der Roland. Aber so kann man mit einem verdienten Genossen nicht umspringen. Wenn er jetzt Betriebsrat ist, hat er einen besonderen Kündigungsschutz. Die Mehrheit hat ihn nicht gewählt, weil sie findet, dass der Geschäftsführer der bessere Vertreter der Belegschaftsinteressen ist, sondern weil sie sagen wollte: Wir sind gegen einen Rausschmiss.

Im Grunde ist der Vorstand aber selber schuld, dass er diese Abstimmung verloren hat. Wieso bin ich die einzige Putzfrau, die eine Stimme hat in diesem Laden? Weil der SPD-Vorstand die Reinigung in Bremen ausgelagert hat, Fremdfirmen sind billiger im Turbo-Kapitalismus.

Wenn der Klassenstandpunkt bei der Führung so auf den Hund gekommen ist, dann fehlen eben Stimmen bei der Betriebsratswahl! So einfach ist das, findet Ihre Rosi Roland