berliner koalitionen
: Politisches Sein und Bewusstsein

Erste Frage: Was unterscheidet Wolfgang Wieland von Wolfgang Wieland? Antwort: Das unterschiedliche Abstimmungsverhalten des Justizsenators vom Grünen-Fraktionsvorsitzenden in Sachen Risikoabschirmung der Bankgesellschaft. Zweite Frage: Was unterschiedet Gregor Gysi von Gregor Gysi? Antwort: Dasselbe.

Kommentar von UWE RADA

In der Regierung ist man meistens dafür, in der Opposition, wie der Name schon sagt, dagegen. Das gilt nicht nur für SPD und CDU, sondern auch für PDS und Grüne, jene Parteien also, von denen man sich etwas mehr an 100-Tage-Bilanz regieren und opponieren erwartet hätte.

So aber lobt Gregor Gysi, ganz Frauensenator, das gute Klima in der Beziehung mit Klaus Wowereit und überlässt demselben die politische Performance. Die grüne Sibyll Klotz wiederum kuschelt mit Dr. Frank Steffel und nennt das Ganze diskret Zweckgemeinschaft. Und dann gibt es ja noch die Medien: Denen kann es vor Haushaltsklausuren gar nicht weit genug gehen mit dem Sparen, während sie hernach über jeden gesparten Euro Krokodilstränen vergießen.

Da bleibt dem seriösen Beobachter natürlich nur eines übrig: statt einer eigenen Bilanz der Vorschlag eines Experiments. Wie wäre es, die nächsten hundert Tage – ganz heimlich natürlich, sodass es keiner merkt – die Akteure auszutauschen und hinterher ein großes Quiz, so eine Art heiteres Beruferaten der Berliner Politik, zu veranstalten?

Spätestens dann könnte man ja bilanzieren, dass nicht jeder Wechsel ein Wechsel ist. Und dass auch eine politische Zweckbeziehung zu Ende geht, wenn der Partner wieder mit einem anderen fremdgeht. Aber wahrscheinlich ahnten wir das auch vorher.

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