Senat ausgetrillert

6.000 protestieren gegen Kürzungen bei Kitas. Ihre Forderung: Massenkinderhaltung, nein danke!

Es ist ein Protest mit Wasserfarben und Wachsmalkreiden, und selten malen Demonstranten Forderungen mit so viel Hingabe auf ihre Plakate. Ein Mädchen hat Kinder hinter dicken, grauen Gitterstäben gezeichnet. „Wer Kinder dicht drängt, ist selbst nicht ganz dicht“, steht auf dem nächsten Transparent von Elternhand geschrieben.

Gestern gingen wieder Erzieherinnen, Eltern und Kinder auf die Straße, um den geplanten Kürzungen bei den Kitas mit Trillerpfeifen und Trommeln den Garaus zu machen. Rund 6.000 Demonstranten drängten sich nach Zählung der Polizei auf dem John-F.-Kennedy-Platz vor dem Schöneberger Rathaus. Die freien Kita-Träger hatten zum Protest aufgerufen. „Viele kleine Horte sind existenziell bedroht“, sagt Mitorganisatorin Maria Lingens von der Arbeiterwohlfahrt. „Die Kürzung bei den Leiterstellen ist eine Mogelpackung. Letztlich müssten Erzieherinnen gehen, was voll auf die Kinderbetreuung durchschlägt.“

Zur Erinnerung: Der rot-rote Senat plant, 40 Prozent der Arbeitszeit für die Kita-Leitung zu streichen. Auch beim Personalschlüssel wollen SPD und PDS kürzen. Eine Erzieherin soll künftig statt bisher 16 Kinder 22 betreuen. Sollten diese Pläne Wirklichkeit werden, fürchten viele auf dem Platz um ihre Jobs und um die Qualität der Betreuung. „Wir organisieren jährlich eine Gruppenfahrt für die Kinder. Die müsste flachfallen“, sagt Kita-Leiterin Gabi Sprotte. „Außerdem hätten wir einen Stellenüberhang von einer Stelle.“ Im Klartext: Eine ihrer Kolleginnen, die unter dem Plakat lautstark pfeifen, wäre bald arbeitslos.

ULRICH SCHULTE