Viel Wind von vorne

„Sanfte feministische Theologin“: Hamburgs Bischöfin Maria Jepsen für weitere zehn Jahre im Amt bestätigt

„Wir bekommen ziemlichen Wind von vorne“, sagt Maria Jepsen, „und das tut auch weh.“ Der Wind – von ihren „christlichen“ KollegInnen im Hamburger Senat gesät – zeigt erste Wirkung: Anlässlich ihrer Wiederwahl hielt sich die Bischöfin von Nordelbien gestern mit Kritik an der Politik zurück. Die Synode bestätigte sie mit 98 von 121 Stimmen für weitere zehn Jahre im Amt. EineN GegenkandidatIn gab es nicht.

Jepsen war 1992 als weltweit erste Frau Bischöfin einer lutherischen Kirche geworden – für manche Kirchenmänner damals eine Katastrophe. Aber mit den Jahren „sind die Anfeindungen als Frau sehr viel weniger geworden“, sagt Jepsen, die sich als Vertreterin einer „sanften feministischen Theologie“ sieht: „Bei den Männern ist eine Art Gewöhnung eingetreten.“ Auch die Hamburger PolitikerInnen mussten sich gewöhnen an eine Bischöfin, die etwa öffentlich für die Eheschließung Homosexueller eintrat, den Nato-Einsatz im Kosovo kritisierte, mit Prostituierten Weihnachten feierte und erst jüngst deutliche Worte gegen die Etatkürzungen für Hamburgs Frauenberatungsstellen fand.

Auch anlässlich ihrer Wiederwahl plädierte die 57-Jährige gestern für eine Kirche, die sich einmischt. Sie warnte, dass sich in Hamburg unter dem Stichwort Innere Sicherheit schleichende Veränderungen einstellen würden: „Da sehe ich Kirche gefordert. Da will ich mich, dürfen wir uns nicht einschüchtern lassen.“ Allerdings dürfe die Kritik nicht den „falschen Zungenschlag“ bekommen: „Ich will auch nicht, dass sich die Politiker von uns angegriffen fühlen.“

Für solche Vorsicht bekommt Jepsen wiederum innerhalb der Kirche Wind von vorn: So verglichen Gläubige beim „Kreuzweg für die Rechte der Flüchtlinge“ am Karfreitag vor dem Michel die Hamburger Kirche mit Simon von Kyrene, der das Kreuz Jesu trug – mit dem Unterschied, dass die Kirche sich heute weigere, das Kreuz der Flüchtlinge mitzutragen und stattdessen „Pflaster“ verteile.

Jepsen setzt darauf, mit den Entscheidungsträgern im Dialog zu bleiben, beispielsweise in der Frage der Hilfe für Drogenabhängige: „Da muss man fragen: Wenn es eure Kinder betreffen würde, was wäre dann?“ Schade, dass Schill, Kusch und von Beust keine haben. Heike Dierbach